Im 300-Euro-Yugo nach Serbien
- 30. Juli 2019
- Norman Gocke
Teil 8: Grenzstress in Bosnien
Der Grenzstress hat sich übrigens gelohnt. Sasas Tomos macht richtig Laune und beschert einem das gleiche erhabene Fahrgefühl einer Zündapp, Kreidler oder Hercules. Da Sasa aber übermorgen wieder im Ruhrpott an der CNC-Fräse stehen muss, wollen wir heute Nacht bereits die deutsch-österreichische Grenze erreicht haben. Dementsprechend geben wir Gas, unterbrochen lediglich mit einem kleinen Zwischenstopp in Zagreb, wo es sehr nett, aber für unsere Verhältnisse zu glatt aussieht. Ein Unwetter in Slowenien steckt unser treuer Yugo weg, als handele es sich um Nieselregen. Grüße an dieser Stelle an all die Niederquerschnitts-Prolls, die uns wegen unserer 145er-Reifen auf dieser Reise ausgelacht haben. Wir waren die rote Kanonenkugel auf der linken Spur der E59, vielleicht war ja einer von Euch unter denen, die auf der rechten Spur mit Warnblinker rumgekrochen sind. Zdravo! Beim Vignettenkauf an der slowenisch-österreichischen Grenze treffen wir Familie Porobic aus Rosenheim. Die Kinder schauen völlig ungläubig, als ihr Vater ihnen bei einer Sitzprobe erklärt, dass früher in Jugoslawien jeder so ein Auto fuhr, auch Oma und Opa. Nach einer Nacht in Salzburg brettern wir am nächsten Mittag über die Ortsgrenze von Stetten im Donnersbergkreis. 3600 Kilometer in sechs Tagen im „schlechtesten Auto der Welt“. Wenn demnächst mal wieder am Alltagsauto die Memory-Funktion der Außenspiegel oder der klimatisierten Ledersitze spinnt, weiß ich, wie viel Auto man wirklich braucht. Und Serbien ist ein großartiges Land. Vergessen Sie den nächsten Pauschalurlaub auf irgendeiner Mittelmeerinsel. Dieses Land lohnt sich. Nur nach Bosnien sollten Sie nicht mit Zastava-Ersatzteilen zwecks Mofa-Probefahrt einreisen. Die Jungs sind etwas unentspannter. Das „schlechteste Auto der Welt“ hat wieder einmal bewiesen, dass es zu den Besten gehört. Zum Jahresende können Sie unseren Yugo im Rahmen der Kinderkrebshilfe-Spendenaktion gewinnen. Ich weine jetzt schon um ihn, er ist ein Freund geworden. Ein Brat, ein Bruder…
Text Norman Gocke
Fotos Volker Rost, Ninoslav Trajković, Archiv Dragan Nikolic, Norman Gocke
Teil 3: Geldgeschäfte in Subotica
Teil 4: Sperrgut-Shopping in Belgrad
Teil 5: Stadtrundfahrten zum Selberschieben
Teil 6: Serbische Whistleblower und Selbstgebrannter
Teil 7: Der schnellste Mann Serbiens
Teil 8: Grenzstress in Bosnien