Automatikgetriebe: Schaltfaul vorwärts

Automatikgetriebe: Schaltfaul vorwärts

1940 nahm Oldsmobile mit der ersten Automatik amerikanischen Fahrern das Schalten ab. Seitdem sind Automatikgetriebe auch in der alten Welt beständig auf dem Vormarsch. Vor dem Bau einer automatischen Schaltung stand die Entwicklung einer entsprechenden Kupplung. Diese war indes 1940 längst bekannt und ging auf ein Patent Prof. Föttingers zurück, der bereits vor dem Ersten Weltkrieg die hydraulische Kupplung erfunden hatte.

Bei der Pkw-Hydraulik-Kupplung wird ein geschlossenes, mit Automatiköl gefülltes Gehäuse mit der Motorschwungscheibe verschraubt. Zur Motorseite hin ist das Gehäuse innen wie ein Schaufelrad geformt und wird als Pumpenrad bezeichnet. Vom Getriebe her ragt ein weiteres Schaufelrad in das Gehäuse. Dieses Turbinenrad ist fest mit der Getriebeeingangswelle verbunden. Dreht der Motor hoch, versetzt er das Kupplungsgehäuse mit dem darin befindlichen Öl in Rotation. Durch die Fliehkraft wird das Öl nach außen geschleudert und trifft dort auf die Schaufeln des stehenden Turbinenrades, das nun zu rotieren beginnt und diese Drehbewegung in das Getriebe einleitet. Nachteil der hydraulischen Kupplung ist, dass sie nicht schlupffrei arbeitet und ständig ein Teil der Antriebsenergie verloren geht.

Drehmomentwandler

Daher kommen bei neueren Fahrzeugen Drehmomentwandler zum Einsatz, die im Prinzip wie eine hydraulische Kupplung funktionieren, sich aber durch ein zusätzliches Leitrad unterscheiden. Dieses Leitrad sitzt mit einem Freilauf auf einem festen Wellenstumpf im Gehäuse und kann wegen des Freilaufs zwar dem Gehäuse vorweg eilen, jedoch nicht rückwärts drehen. Beginnt nun das Pumpenrad zu rotieren, schleudert es Öl in die Schaufeln des Turbinenrades. Von dort prallt der Ölstrom ab, nachdem er seine Bewegungsenergie an das Turbinenrad weitergegeben hat. Üblicherweise würde der abgebremste Ölstrom nun nutzlos ins Zentrum der Kupplung schießen. Dort trifft er aber auf das Leitrad. Das lenkt den Ölstrom so um, dass er wieder in die Schaufeln des Pumpenrades geschleudert wird und dort den Staudruck erhöht, der wiederum das Turbinenrad antreibt. Auf diese Weise ist eine Steigerung des in das Pumpenrad eingeleiteten Motor-Drehmoments um das bis zu 3,3-fache möglich! Ab etwa 85 Prozent der maximalen Pumpenrad-Drehzahl verliert sich dieser Effekt und das Leitrad schwimmt nun "mit dem Strom" im Gehäuseinneren. Ab diesem Zeitpunkt arbeitet der Drehmomentwandler wie eine normale hydraulische Kupplung.

Sonne und Planeten

Bei praktisch allen Automatikversionen erfolgt in den einzelnen Gängen die Kraftübertragung durch mehrere hintereinanderliegende Planetenradsätze. Vorteile dieser Konstruktion: Sie sind ohne Unterbrechung des Kraftflusses schaltbar und durch die Verteilung des Drehmoments auf mehrere Zahnräder ist die Lebensdauer sehr hoch. Hinzu kommt die kompakte Bauform. Im vorderen und hinteren Radsatz sind außerdem Lamellenkupplungen eingebaut. An den Außenseiten werden alle drei Planetenradsätze von Bremsbändern umschlossen. Durch das Zusammenspiel von anliegenden und freien Bremsbändern sowie eingreifenden oder freien Lamellenkupplungen ergeben sich die einzelnen Fahrstufen und der Rückwärtsgang (siehe Schaltschema).

In der Praxis finden zwei Arten von Planetenradsätzen Verwendung: Beim Simpson-Satz sind zwei einfache Planetengetriebe zu einem Radsatz mit Sonnenrad zusammengefasst. Auch im Ravigneaux-Satz liegen zwei Planetengetriebe auf kleinstem Raum hintereinander. Er besteht aus einem vorderen kleinen und einem hinteren großen Sonnenrad, drei kurzen großen und drei langen kleinen Planetenrädern sowie einem Hohlrad.

Steuerungsimpulse von vielen Reglern

Gesteuert werden Brems- und Kupplungsvorgänge vom Schaltschiebergehäuse in Abhängigkeit zur gefahrenen Geschwindigkeit und der Motorbelastung. Es bildet quasi das Gehirn des Getriebes und arbeitet mit Öldruck, der durch die Primärölpumpe im vorderen Getriebedeckel erzeugt wird. Das Schaltschiebergehäuse gibt den Druck an den Betätigungskolben eines bestimmten Bremsbandes ab. Dieses legt sich dann um den Planetenradsatz und bremst ihn bis zum Stillstand ab.
Die Steuerimpulse lassen sich durch den Wählhebel beeinflussen, der bei entsprechender Stellung die Schaltarbeit beispielsweise auf die ersten beiden Gänge begrenzt. Auch durch die Betätigung des Kickdowns wird die Schaltarbeit beeinflusst. Gibt er beim vorliegenden Getriebe einen elektrischen Impuls an den Magneten weiter, so veranlasst dieser über ein Gestänge eine Druckänderung in einem Ventil des Schaltschiebergehäuses, das Getriebe schaltet herunter. Die Fahrgeschwindigkeit wird indirekt durch einen Fliehkraftregler an der Getriebeausgangswelle gemessen. Dieses Messergebnis wird als Reglerdruck an das Schaltschiebergehäuse geleitet.
Das Motordrehmoment wird über den Saugrohrunterdruck durch das Modulatorventil ermittelt. Dieses besteht aus einem Kolben, der je nach seiner Stellung einen höheren oder niedrigeren Modulatordruck an die Schaltzentrale weitergibt. So gelangen eine Vielzahl von Informationen der jeweiligen Fahrsituation an das Schaltschiebergehäuse und beeinflussen dessen Arbeit.

Mehr zu manuellen Getrieben oder Vorwählgetrieben.