Benzin und Diesel: Ohne Saft keine Kraft

Benzin und Diesel: Ohne Saft keine Kraft

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Ohne Saft keine Kraft

Als Bertha Benz sich im August 1888 zusammen mit ihren beiden Söhnen und dem Motordreirad ihres Mannes Karl auf den Weg von Mannheim nach Pforzheim begab, war das eine Großtat in der Frühgeschichte des Automobils. Und so ganz nebenbei machte die beherzte Dame eine Apotheke notgedrungen zur ersten Tankstelle der Welt

Ligroin musste der Apotheker in Wiesloch damals zur Verfügung stellen, damit die erste Langstreckenfahrt mit einem Automobil ein glückliches Ende nehmen konnte. Dabei handelt es sich um ein Leichtöl. Seitdem hat sich nicht nur beim Verbrennungsmotor viel getan, sondern auch beim Kraftstoff. War Benzin früher noch ein „lästiges“ Nebenprodukt bei der Herstellung von Leuchtpetroleum, das man mit allen Mitteln versuchte loszuwerden, so änderte sich das mit der Motorisierung der Massen schlagartig.

Ende der zwanziger Jahre bestand das Gros des Ottokraftstoffs im Deutschen Reich aus Benzin (Erdölbenzin, künstliches Benzin und Braunkohlenschwelbenzin), Benzol, Benzin-Benzol-Gemischen (auch Bibo-Gemische), Motalin (durch Zusatz von Eisenkarbonyl klopf- fester gemachtes Benzin) und Monopolin (ein Gemisch aus Benzin und Alkohol mit bis zu 25 Prozent Äthanol).

Die bekanntesten deutschen Benzinmarken hießen damals Dapolin (amerikanisches Benzin), Stellin (indisches/amerikanisches/ rumänisches Benzin), Derop (russisches Benzin) und Strax. Künstliches Benzin kam von der IG Farbenindustrie (Leunawerk) und wurde durch die Deutsche Gasolin AG undeklariert an Motalin-Zapfsäulen vertrieben. Das klopffeste Benzol vertrieb der Benzol-Verband (BV, die Vereinigung der Benzolproduzenten in Bochum), es wurde aber wegen des hohen Preises selten als Reinbenzol gefahren. Beliebter waren emische mit Benzin wie Aral vom BV, Dynamin von Shell oder Duolin von der DAPG, das ab September 1928 als rotgefärbtes Esso verkauft wurde.

Außerdem gab’s das bereits erwähnte Motalin. Zu dieser Zeit warteten in Deutschland etwa 30.000 Zapfsäulen auf Kundschaft. Für Auslandsfahrten konnte man sich auch mit Motylpatronen eindecken, um die Klopffestigkeit von minderwertigen Ottokraftstoffen mit Eisenkarbonyl zu erhöhen. Und für den Motorsport existierten eine Vielzahl an speziellen Rennkraftstoffen, bei denen Methanol zum Einsatz kam.

Inhaltsbild Nicht genügend Kartoffelschnaps im Norden

Vor dem Zweiten Weltkrieg war das Angebot an den Zapfsäulen dann schon einheitlicher. Kraftfahrzeugbesitzer konnten wählen zwischen Fahrbenzin (OZ 74), Super- oder Aufpreisbenzin (OZ 78, zwei Pfennig teurer, ohne Alkohol, mit Bleizusatz) oder Bibo-Gemische (OZ 78, bis zu 40 Prozent Benzolanteil). Während Super und Bibo in ganz Deutschland angeboten wurden, war das Fahrbenzin in Nordbenzin (oder Fahrbenzin N) und Südbenzin (oder Fahrbenzin S) aufgeteilt. Die Grenze verlief etwa auf einer Linie Stade-Bremervörde-Soltau-Celle-Braunschweig-Berlin.
Der Grund: Es gab nicht mehr genügend „Kartoffelschnaps“. Im Norden wurden dem Benzin zwölf Prozent Äthanol beigemischt, im Süden kam Tetraäthylblei dazu, um die Oktanzahl zu steigern. Kennzeichnend für diese Zeit war auch das Bestreben der Nationalsozialisten, soviel Kraftstoff wie möglich aus heimischen Rohstoffen zu gewinnen. So stieg die Benzinproduktion von 1935 bis 1938 von zirka einer auf drei Millionen Tonnen.
Da es nur wenig Erdölvorkommen in Deutschland gibt, griff die Industrie verstärkt auf Stein- und Braunkohle sowie Ölschiefer zurück. Nachwachsende Rohstoffe wie Holz spielten während des Krieges und auch danach eine gewisse Rolle.

Ende der vierziger Jahre ging die Benzinqualität in Deutschland dann erst einmal zurück, ehe die neusten, dank Blei klopffesten Qualitäten nach US-Standards auch hierzulande Einzug hielten. Die Entwicklung seitdem war gradlinig: steigende Oktanzahlen, Qualitäten und Preise. Die letzte große Änderung kam mit der Einführung der Bleifreisorten vor nicht allzu langer Zeit.

Diesel - etwas braver

Etwas weniger Abwechslungsreich verlief die Entwicklung beim Dieselkraftstoff. Der Anteil von Kraftfahrzeugen, die mit Gasöl oder dem "Motorpetroleum" fuhren, war sehr gering, setzte sich aber bald im Nutzfahrzeugbereich durch. In den dreißiger Jahren liefen bereits Versuche, um Diesel durch Pflanzenöl (Palmöl, Sojaöl, Sesamöl, Erdnussöl oder Sonnenblumenkernöl) zu ersetzen beziehungsweise zu ergänzen. Die Schlussergebnisse wiesen die Pflanzenöle als „durchaus brauchbare“ Dieselersatz-Kraftstoffe aus.
Eine andere Alternative sollte der Kohlenstaub-Diesel für Stationärmotoren werden. Schon Rudolf Diesel experimentierte mit einem Staubmotor. Und natürlich wurden auch dem Diesel Additive beigemischt, um die Cetanzahl und damit die Zündwilligkeit zu erhöhen, um ihn Kältestabiler zu machen... Letzte Stufe war der Super-Diesel.