Vor 75 Jahren, am 11. Mai 1947, sahen die in jenen Nachkriegsjahren noch gertenschlanken Zuschauer eines kleinen Rennens im norditalienischen Piacenza die Geburt einer Legende: Sie wurden Zeuge des ersten Einsatzes eines Ferrari-Sportwagens. Enzo Ferrari war natürlich noch bekannt aus den Dreißigern, als seine Scuderia mit Alfa-Romeo-Rennern gegen die deutschen Silberpfeile angetreten war. In der entbehrungsreichen Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg buken die Rennsportbegeisterten in Europa indes kleinere Brötchen. An der Mille Miglia nahmen Fahrer unter anderem nur deshalb teil, weil der Veranstalter neue Reifen stellte. Noch maß sich reihenweise Vorkriegsmaterial mit den raren Neukonstruktionen, die nach und nach auftauchten.

Bei der Premiere des neuen Ferrari lief allerdings nicht alles rund: In Piacenza sollten zwei Fahrzeuge an den Start gehen, doch Nino Farina befand seinen Einsatzwagen, einen Spider mit freistehenden Rädern, nach einem Trainingsunfall für unfahrbar. Franco Cortese musste es im aerodynamisch verkleideten Spider alleine aufnehmen mit der Meute der Sportwagenklasse über 1100 Kubik, in der der kleine 1,5-Liter mit der Startnummer 128 antrat. Die erste Startreihe teilte er sich mit Mario Angiolinis Maserati und Nino Rovellis BMW. Die beiden Kontrahenten zogen vom Start weg, weil in den Zwölfzylinder des Ferrari zuviel Öl eingefüllt worden war. Dank des kurzhubigen und drehfreudigen Triebwerks aus der Feder Giacchino Colombos ließ Cortese jedoch die Konkurrenz bald hinter sich und lag einsam in Führung – bis drei Runden vor dem Ziel die Benzinpumpe versagte.

Der Erfolg stellte sich zwei Wochen später beim nächsten Rennen in Rom ein, aus dem Franco Cortese als Gesamtsieger hervorging. Zahlreiche weitere Lorbeerkränze folgten, aber auch einiges an Tragik. Hinter dem Lenkrad mit dem cavallino rampante in der Nabe nahmen Fahrergrößen von Juan Manuel Fangio bis Michael Schumacher, von Alberto Ascari bis Niki Lauda Platz. In den 75 Jahren seit dem ersten Start kamen für das springende Pferd aus Maranello unter anderem neun Le-Mans-Siege und acht Mille-Miglia-Erfolge zusammen, 13 Sportwagen-Weltmeisterschaften, 16 Formel-1-Konstrukteurs- sowie 15 Fahrer-WM-Titel. Und mit dem aktuellen F1-75 in dieser Saison gibt es endlich wieder ein siegfähiges Auto...

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