Reihenmotoren: In Reih und Glied
- 08. August 2012
- Red. OLDTIMER MARKT
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Vierzylinder-Reihenmotor
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Sechszylinder-Reihenmotor: Die Kurbelwelle ist in drei Ebenen gekröpft, wobei sich alle Massen und Momente gegenseitig aufheben
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Der OM617 von Mercedes-Benz (wie er etwa im W123 300D eingebaut wurde) war der erste Reihen-Fünfzylinder der Welt.
Nicht alle Kolben im Vierzylinder-Reihenmotoren laufen gleichzeitig auf und ab. Ein Hubzapfenversatz von 180 Grad sorgt für einen ruhigeren Motorlauf, indem sie sich gegenseitig ausbalancieren. Hier liegt auch der Grund, weshalb die Konstrukteure möglichst gerade Zylinderzahlen wählen.
Im typischen Vierzylinder befinden sich je zwei Kolben (1 und 4) im oberen Totpunkt, während sich die beiden anderen (2 und 3) im unteren Totpunkt befinden - die Hubzapfen liegen in einer Ebene. Zusätzliche Gegengewichte an der Kurbelwelle und eine schwere Schwungscheibe lassen den Motor noch ruhiger laufen, dämpfen jedoch auch sein Temperament beim spontanen Beschleunigen.
Die Ventilsteuerung der einzelnen Zylinder ist so ausgelegt, dass sie in gleichmäßigem Abstand nach einander zünden. Während der erste Zylinder im oberen Totpunkt gezündet wird, hat der vierte gerade sein Abgas in den Auspuff geblasen. Nach einer weiteren halben Kurbelwellenumdrehung zündet der dritte Zylinder, während sich nun der zweite im Auspufftakt befindet. Innerhalb von zwei Kurbelwellenumdrehungen ergibt sich die weit verbreitete Vierzylinder-Zündfolge 1-3-4-2. Nicht nur für das Ohr entsteht ein gleichmäßiger Zündabstand, tatsächlich produziert der Vierzylinder alle 180 Grad einen Arbeitstakt.
Platzmangel beim Sechszylinder
Beim Sechszylinder-Reihenmotor verkürzt sich dieser Abstand auf 120 Grad, beim Reihenachtzylinder auf 90 und beim Zwölfzylinder auf 60 Grad. Beim Sechzehnzylinder dreht sich die Kurbelwelle zwischen den einzelnen Zündungen sogar nur noch um 45 Grad - kein Wunder, dass bei solchen Maschinen die Vielzahl der Zündungen zu einem vielstimmigen Säuseln verschwimmt.
Leider waren die meisten Motorhauben zu kurz für derart lange Reihenmotoren, und so standen vor allem die Konstrukteure der Nobelmarken vor dem Problem, möglichst viele Zylinder auf geringem Raum unterzubringen. Der gute alte Boxer war zwar sehr flach, aber in den meisten Fällen zu breit, um Platz zwischen den Vorderrädern zu finden. Die praktikabelste Lösung war der V-Motor.
Der seltene Fünfer
Gelegentlich verließen die Konstrukteure ganz bewusst den geraden Weg des Massenausgleichs, um sich (vor allem aus Platzgründen) für einen Drei-, oder Fünfzylinder zu entscheiden. Was beim Zweitakter nach der berühmten Ungleichung 3=6 noch die Laufkultur eines Reihensechszylinders erreicht, wird beim Viertakter zum Multivibrator, dessen Lauf bei modernen Triebwerken nur durch Ausgleichswellen in Bereiche gebracht wird, die den Zusatz Kultur verdienen.
Bei der Triumph Trident stand dieser Aspekt sicher nicht im Vordergrund - wohl aber der Zylinder-Zugewinn zu einer Zeit, als der Speed-Twin zusehend unter den Druck der japanischen Vierzylinder-Motorräder geriet.
Ähnliche Gründe trieben auch die Entwickler des Mercedes-Fünfzylinder-Diesels und des Audi Fünzylinder-Benziners an: Der Platz unter der Motorhaube reichte einfach für einen vergleichbaren Sechszylinder nicht aus. Also griffen die Techniker in die Trickkiste und ordneten die fünf Hubzapfen mit einem gleichmäßigen Versatz von 72 Grad an. Das ergibt zwar gleiche Zündabstände von 144 Grad, der direkte Massenausgleich der Zylinder lässt allerdings zu wünschen übrig.