Wirbel um Vorbesitzer: Wem gehörte der "McQueen"-Mustang?
- 14. Dezember 2021
- Red. AMERICAN CLASSICS
Foto: dpa
Echter Mustang, falscher McQueen?
Wenn ein Oldtimerhändler aus Mettmann einen 1969er Ford Mustang Fastback feilbietet, ist das an sich nichts Besonderes. Doch wenn der Erstbesitzer des Wagens kein geringerer als Schauspieler Steve McQueen war und das Auto obendrein bis dato unbekannt, ist das eine Sensation und ein Knaller für die Klickrate
"Oldtimer-Spezialist aus Mettmann verkauft Kult-Auto von Steve McQueen" textete zum Beispiel RP-Online, die Web-Ausgabe der Rheinischen Post, am 06. Juli. Viele weitere Medien berichteten über den anstehenden Verkauf des Wagens bei einer Auktion. Ein schwarz-weiß-Foto galt als Beleg für die prominente Provenienz, teilweise war auch der Title des Wagens mit der Fahrgestellnummer 9R02M104817 im Netz zu sehen. Der darin aufgeführte Name des "Owners": Steve McQueen!
Eine tolle Geschichte – doch sie stimmt nicht. Abenteuerlich ist sie allerdings schon. Der "Oldtimer-Spezialist" heißt Michael Fröhlich, seine Firma "Fantastische Fahrzeuge" hat immer wieder mal Autos von Prominenten im Programm. Aktuell etwa ein Rolls-Royce Jagdwagen, der eigens für den marokkanischen König angefertigt worden sein soll.
»Steves Sohn Chad McQueen sagt "no way": Das Auto sei nie im Driveway der Familie aufgetaucht. Auch seine erste Frau Neile Adams McQueen sagte, sie könne sich nicht an dieses Auto erinnern.«
Matt Stone, Autor mehrerer Bücher über McQueen Fahrzeuge
Dass das Foto, das McQueen mit dem Mustang zeigt, eine plumpe Fälschung ist, entlarvte ein Leser von AMERICAN CLASSICS schon früh – wir berichteten in Ausgabe 6/2021. Als Basis diente ein Foto des Wagens, wie er in einer Werkstatt steht (es sei Fröhlichs Werkstatt, sagen Leute, die schon bei ihm waren), und ein Filmstill aus dem McQueen-Film "Junior Bonner". Journalisten tischte Fröhlich auf, er habe das Foto von McQueens Witwe Barbara Minty-McQueen persönlich erhalten. Man habe einen Privatdetektiv angeheuert und Kontakt zu ihr geknüpft, erklärte zudem Fröhlichs Fotograf Stephan Gabriel gegenüber RP-Online.
Im Oktober hätte der Wagen von Mecum Auctions versteigert werden sollen – doch Mitte September verschwand das Auto von der Webseite des Auktionshauses. Auf Nachfrage teilte es mit: "Die Familie McQueen hat Mecum informiert, dass der für die Auktion in Las Vegas vorgesehene Mustang nicht Steve McQueen gehört hat. Das Auto befindet sich derzeit nicht in USA und in beiderseitigem Einvernehmen von Mecum und dem Verkäufer wurde es von der Auktion zurückgezogen. Es ist derzeit nicht vorgesehen, das Auto zu einem späteren Zeitpunkt anzubieten."
Autor Matt Stone, der mehrere Bücher über McQueens Fahrzeuge geschrieben hat, ergänzt: "Steves Sohn Chad McQueen sagt "no way": Das Auto sei nie im Driveway der Familie aufgetaucht, und hat Mecum aufgefordert, Papiere oder Fotos vorzulegen, die das Gegenteil beweisen. Auch seine erste Frau Neile Adams McQueen sagte, sie könne sich nicht an dieses Auto erinnern. Ich selbst bin ihm bei meinen Recherchen ebenfalls nie begegnet."
Wie unsere Recherchen ergaben, verkauft Fröhlich den Mustang offenbar nur in Kommission. Ein Sachverständiger, der den Wagen als Interessent in Augenschein genommen hat, berichtet Dubioses: "Auf die Frage, warum er das Auto nach Deutschland gebracht habe wenn, er es doch in USA auktionieren wolle, erhielt ich eine ausweichende Antwort. Er hat mir ein Classic-Data-Gutachten über 20.000 Euro gezeigt, sowie das gefälschte Foto, ausgedruckt in mieser Qualität. Außerdem war mit einer farblich nicht passenden Sprühdose am Auto herumlackiert worden, das Schleifwasser war sogar noch drauf. Wenn das wirklich ein McQueen-Auto gewesen wäre, hätte man sich doch jegliche Arbeit an der Optik sparen können!"
Fake: Das Foto rechts soll, so der Händler, die Authentizität des angeblichen McQueen-Mustang beweisen. Das Foto links, das den Hollywood-Star am Set des Films "Junior Bonner" zeigt, diente offenkundig als Vorlage für die Montage
Ein ehemaliger Interessent, der anonym bleiben möchte, erzählt außerdem, der Wagen sei ihm bereits im Frühjahr 2021 von Fröhlich angeboten worden – für 70.000 Euro. "Mir war das zu haarig: Wenn McQueen-Autos für Millionen verkauft werden, wieso sollte ich dann nur 70.000 Euro zahlen?"
Zu diesem Zeitpunkt legte Fröhlich allerdings nur den Title als Nachweis der Historie vor. Bei Redaktionsschluss war das Dokument immer noch online zu finden. Ausgestellt wurde es am 22.10.2015 – McQueen starb aber schon 1980. Gibt man die Adresse des Steve aus dem Title bei Google Street View ein, entdeckt man ein Grundstück in Madras, Oregon, mit Halle hinterm Haus und Pontiac Fiero vor der Tür. Außerdem leben laut Telefonbuch wohl mehrere Menschen mit Namen McQueen in Madras.
"Zeremonienmeister" nennt Fröhlich den oben erwähnten Fotografen Stephan Gabriel in einem weiteren RP-Online-Artikel vom 18. August. In einem Mailverkehr, der AMERICAN CLASSICS vorliegt, schreibt dieser unter anderem: "Sie haben uns auf frischer Tat ertappt. Auch Ihre Schlussfolgerung mit Photoshop- ein Volltreffer. [...] Wenn wir sonntags beim Champagner gerade keine Fotos fälschen, bauen wir in alte Ferraris Fiat Motoren ein und verkaufen diese dann als verschollene Sondereditionen. Auch da sind wir sehr gewieft. [...] Bei der Auktion in Amerika werden ergänzende und weitere Details zum Fahrzeug und Fotos veröffentlicht, die kursierende Fragezeichen beantworten und vollständig eliminieren."
Er garantiere großes Erstaunen, schrieb Gabriel.
Immerhin damit lag er richtig: An Erstaunen über die Chuzpe, mit der die Herren zu Werke gingen, mangelt es nicht. Gutachter Sebastian Hoffmann vom TÜV Rheinland meint: "In den Fällen, wo wir mit solchen Dingen konfrontiert sind, gehen die Fälscher im allgemeinen cleverer vor. Natürlich werden auch Unterlagen und Historie gefälscht, aber das wird dann weniger plump gemacht als in diesem Fall." (Frederik E. Scherer/AMERICAN CLASSICS)
Seit geraumer Zeit schon ist der Name McQueen ist ein Garant für hohe Auktionserlöse. Der 1968er Ford Mustang GT 390 mit der Seriennummer '559, den der "King of Cool" im Film "Bullitt" durch San Francisco jagte, wechselte im vergangenen Jahr für 3,74 Millionen US-Dollar den Besitzer