Die Legende hält sich hartnäckig: Von den sechzehn Ingenieuren, die den ersten Saab entwickelten, sollen nur drei einen Führerschein besessen haben – aber fast alle einen Flugschein. Dass bei der Konstruktion des Ursaab 1945 (Bild unten) Flugzeug-Aerodynamik eine wesentliche Rolle spielte, lässt sich nicht nur am damals spektakulären cW-Wert von 0,32 ablesen – das ganze Auto sieht aus wie ein Tropfen auf Rädern.

Die Swenska Aeroplan AktieBolaget (Schwedische Flugzeug AG) muss sich nach dem Ende des Zweiten Weltkrieg nach neuen Geschäftsfeldern umsehen, da der Absatz von Militärflugzeugen in Friedenszeiten wenige Zukunftsperspektiven verspricht. Motorräder oder Nutzfahrzeuge werden in mageren Nachkriegsjahren zwar dringend gebraucht, aber Husqvarna und Scania-Vabis haben den schwedischen Markt bereits fest im Griff. Volvo produziert schon Pkw nach amerikanischem Vorbild, aber einen erschwinglichen Kleinwagen aus Göteborg gibt es nicht.

Hier sehen die Flugzeugbauer aus Trollhättan ihre Chance. Ihr Auto soll leicht und wirtschaftlich sein, Platz für vier bis fünf Erwachsene bieten und ein Fahrwerk haben, das mit den lausigen schwedischen Schotterpisten zurechtkommt. Designer Sixten Sason und Entwicklungschef Gunnar Ljungström überarbeiten den Prototyp immer wieder und treiben ihm im Verlauf von 320.000 Testkilometern die Kinderkrankheiten aus. Das Projekt 92 (die Nummer 91 ist bereits an ein Flugzeug vergeben) nimmt immer mehr Fahrt auf und glänzt mit ungewöhnlichen Details: selbsttragende, aber enorm steife Karosserie mit völlig glattem Unterboden und niedrigem Schwerpunkt, Einzelradaufhängung rundum, Frontantrieb mit quer eingebautem 750-Kubik-Zweizylinder-Zweitaktmotor nach DKW-Vorbild und teilsynchronisiertem Dreiganggetriebe. Ljungström orientiert sich stark am Vorbild der Vorkriegs-DKW, die durch ihren simplen Aufbau niedrige Herstellungskosten versprechen. Außerdem ist der Zweitakter bei gleichem Hubraum dem Viertakter in puncto Leistung überlegen. Nach einigen Überarbeitungen kommt der eigene Zweizylinder auf 25 PS, womit der kleine Saab knapp 100 km/h schnell ist – und sich damit auf Augenhöhe mit dem zeitgleich präsentierten VW Brezelkäfer bewegt.

Ihr erstes Serienauto stellen die Flugzeugbauer dann 1947, also vor 75 Jahren, der Öffentlichkeit vor. Es dauert aber noch zwei weitere Jahre, bis 1949, ehe die Produktion anläuft. Inzwischen haben auch alle Ingenieure einen Führerschein. (PS/Fotos: Saab)

Der Ursaab von 1945