Nullzwo 2.0: Vierzig Jahre BMW E30
- 14. November 2022
- Red. OLDTIMER MARKT
Zuverlässig, haltbar, (relativ) sparsam im Verbrauch. Der E30 gilt als alltagstauglicher Klassiker
Geschichte wiederholt sich: Wie schon der legendäre 02, so hat auch BMWs zweite 3er-Reihe den Dreisprung vom Premium-Kompakten über die Vorstadt-Prollkiste zum Klassiker geschafft. Einen der letzten Guten zu finden, ist vierzig Jahre nach dem Start schwierig geworden
Vergessen die Zeiten, in denen die zweite Baureihe des 3er-BMW in dem fragwürdigen Ruf stand, bevorzugter Untersatz von ländlichen Bauernlümmeln und Vorstadt-Cowboys mit Migrationshintergrund zu sein. So wie 20 Jahre zuvor der 2002, in dem Normalbürger stets Proleten mit Marlboro-Schachtel im T-Shirt-Ärmel und viel zu engen Jeans vermuteten. Beim E30-3er ging die Image-Rekonvaleszenz jedoch deutlich flotter vonstatten.
Ungeachtet einer langen Bauzeit und 2,34 Millionen Exemplaren sind gute E30 längst rar und teuer, speziell Chrommodelle
Nicht nur Zeitgenossen des E30, vor allem junge Menschen begeistert auch vierzig Jahre nach Markteinführung die Alltagstauglichkeit des nunmehr im Klassiker-Olymp aufgenommenen Bayern. Kaum ein Auto-Blog im weltweiten Netz, in dem nicht regelmäßig E30 portraitiert und als Instant-Klassiker bejubelt würden. Woher kommt diese Begeisterung? Ein Grund für die Popularität liegt wohl in der Form: pur und funktional, aber dennoch elegant. Dynamisch, ohne aggressiv zu wirken. Einst ein Markenzeichen der kompakten Limousine mit den sportlichen Genen.
Dabei hatte der damalige BMW-Chefgestalter Claus Luthe keine leichte Aufgabe, galt es doch, die von 02 und der Vorgänger-Baureihe E21 überlieferte, offensive Design-DNA in eine neue, zunehmend autokritische Zeit einzupassen. Das Ergebnis geriet zeitlos. Und wirkt im aktuellen Umfeld grimmiger Kühlerschlünde und böse blickender Xenon-Leuchten auf wohltuende Weise gelassen.
Im Innenraum setzt sich die funktionale Eleganz fort mit einem fahrerorientierten Cockpit, in dem immer noch alles wie selbstverständlich zur Hand ist. Doch mit der größte Trumpf des E30 lässt sich nur er-fahren: sein außergewöhnlich agiles, bis in den Grenzbereich hinein gut beherrschbares Handling, das ihn bis heute im Hobby-Motorsport zu einem begehrten Untersatz macht. Das mit dem sportlichen Handling wurde freilich nicht immer so gesehen. Die im rabaukigen BMW 2002 sozialisierten Jünger forscher Gangart empfanden den E30 anfangs nur als weiteren Schritt hin zu jener Massenkompatibilität, die BMW-Boss Eberhard von Kuenheim schon beim Vorgänger E21 zum Mantra erhoben hatte. Wobei ihm der Erfolg recht gab: 1,3 Millionen Stück hatte BMW vom E21 absetzen können, beim Nachfolger sollten es 2,3 Millionen werden.
Erreicht wurde diese beeindruckende Zahl auch durch eine bei BMW nie zuvor dagewesene Varianten-Vielfalt. Den Auftakt machte im Herbst 1982 der übliche Zweitürer, dicht gefolgt von einer familienfreundlichen Version mit vier Portalen. Im September 1985 lancierte München das Cabrio, zwölf Monate später die Sportversion M3 und im Herbst 1987 schließlich den Touring genannten Kombi. Der blieb sogar bis Mitte 1994 in Produktion, als die dritte 3er-Generation bereits vier Jahre am Markt war.
Wer auf den E30-Zug noch aufspringen will, sollte durchbeschleunigen. Top-Modelle wie der 325i oder unverbastelte und unverheizte 318is sind längst in festen Händen, selbst gute Exemplare schlichterer Versionen sind im unteren fünfstelligen Preissegment angekommen. In unserer Kaufberatung zeigen wir Ihnen, woran sie einen jener letzten Guten erkennen, während die Generation Smartphone und die Auto-Blogs längst auf den 1990 erschienenen Nachfolger E36 umgesattelt sind. An dessen frühe Exemplare dürfen mittlerweile auch H-Kennzeichen montiert werden (siehe OLDTIMER MARKT 2/2021).