Alfa Romeo Giulia GTC

Mut zur Lücke

Wer 1965 einen offenen Alfa Romeo kaufen wollte, hatte die Wahl zwischen zwei leicht ergrauten Ladenhütern. Auf der einen Seite gab es den Giulia Spider der Baureihe 101 – eigentlich ein Giulietta Spider mit dem 1600er Motor der neuen Giulia-Baureihe und auf der anderen Seite den teuren 2600 Spider mit dem Sechszylinder, der nie so recht ein Verkaufserfolg wurde. Beide nahm Alfa Romeo Anfang 1965 aus dem Programm. Ein Nachfolger für den Giulia Spider war zwar bereits in Planung, doch noch war der Duetto Zukunftsmusik.

Hochgeladenes Bild Der Alfa Romeo 2600 Spider flog Anfang 1965 aus dem Programm und schuf somit besagte Lücke

Die Carrozzeria Bertone hatte bereits im September 1963 den neuen Giulia Sprint GT vorgestellt und sah nun in Gestalt einer Offenversion die Chance, den brachliegenden Freiluftmarkt zu bedienen. Der Aufschnitt des Coupés mit der charakteristischen Kante an der Motorhaube gestaltete sich allerdings schwieriger als gedacht. Zahlreiche Versteifungen im Schwellerbereich, über der Hinterachse und an der A-Säule waren notwendig, um dem offenen 2+2-Sitzer die nötige Verwindungssteifigkeit zu geben. Als besonders knifflig erwies sich die Konstruktion rund um den Verdeckkasten, der ein deutlich längeres Gestänge als bei einem Zweisitzer aufnehmen musste. Trotzdem sollte das geöffnete Verdeck unter einer Persenning komplett in der Silhouette verschwinden.

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Ende 1964 war die Konstruktion weitestgehend abgeschlossen, es dauerte aber noch bis zum Genfer Automobilsalon im März 1965, bis der offene „Bertone“ öffentlich präsentiert wurde. Tatsächlich stammte der Umbau jedoch gar nicht aus den Hallen von Nuccio Bertone. Für den Aufschnitt einschließlich sämtlicher Verstärkungsarbeiten zeichnete die Carrozzeria Touring verantwortlich, die nach Einstellung des 2600 Spider und einem geplatzten Auftrag der englischen Rootes-Group mehr freie Kapazitäten hatte als ihr lieb sein konnte.

Hochgeladenes Bild Obwohl bei Bertone entworfen, wurde die Giulia GTC bei Touring gefertigt – die kurz zuvor ausgebauten Fertigungskapazitäten waren dort nur sehr leidlich ausgelastet

Bis Anfang 1966 entstanden knapp 1000 Giulia GTC, die sich die technischen Daten weitestgehend mit der Coupé-Variante teilten: 1,6 Liter dohc-Vierzylinder mit zwei Doppelvergasern und 106 PS. Mehrere Faktoren führten dazu, dass dem GTC kein größerer Erfolg beschieden war. Erstens: Alfa Romeo präsentierte 1966 den Duetto Spider, der bei Pininfarina gefertigt wurde. Zweitens: Die Carrozzeria Touring musste nach wirtschaftlichen Problemen schleißen. Und drittens war da noch der exorbitante Preis von 17.500 Mark. Dafür hätte man auch vier Standard-Käfer (4290 Mark) oder einen Mercedes 220 SEb (14.950 Mark) kaufen können. Bei Letzterem hätte man dann noch 2500 Mark übriggehabt!

Hochgeladenes Bild Der ab 1966 nachfolgende Duetto wirkte für viele Alfisti etwas befremdlich, da er sich doch stark von seinem etwas barocker wirkenden Vorgänger unterschied