Der fliegende Ziegelstein RS
- 28. November 2023
- Red. OLDTIMER MARKT
Groß, schnell und voller technischer Leckerbissen– die BMW K1100 RS stellt die letzte Ausbaustufe der legendären K-Baureihe dar, und trägt mit dem auf 1100 Kubikzentimeter erstarkten Vierventilmotor die potenteste Ausbaustufe des ersten BMW-Vierzylinders im offenen Rohrrahmen.
1983, sechzig Jahre nach dem Erscheinen der R32, baut BMW immer noch luftgekühlte Boxer-Motoren mit längs liegender Kurbelwelle.
Mit dem Siegeszug der japanischen Motorräder Anfang der Siebziger, geraten die Bayern jedoch zunehmend unter Druck. Die Traditionalisten sind nach wie vor von den Windgesichts-Qualitäten der luftgekühlten Boxer überzeugt, jedoch können diese in Sachen Leistung und Kaufpreis nicht mit den Offerten aus Fernost mithalten.
Also kommt es Anfang der Achtziger bei BMW zur Zäsur: Eine neue Motorenpalette soll Einzug halten, eine die Alle abholen soll, Windgesichter und Fans der Vierzylindermotoren nippon’scher Bauart.
Quer eingebaute Vierzylinder kann, oder will, BMW vermutlich zunächst nicht einfach „kopieren“ (auch wenn den Bayern dies Jahrzehnte später mit der S100RR teils bravourös gelingt) und ein Vierzylinder Boxermotor hätte wohl zu sehr an die ab 1975 in Deutschland erhältliche Honda GL1000 „GoldWing“ erinnert. Also muss man sich in München etwas ausdenken, was typische BMW und trotzdem modern ist. Ein Unterfangen dass das Risiko birgt, damit am Ende
zwischen allen Stühlen zu sitzen.
Vorhang auf: Die BMW K100. Angetrieben durch einen längs- und auf der Seite liegenden Vierzylinder Reihenmotor, dessen Kurbelwellenanordnung sich prima mit der BMW-typischen Anordnung von Getriebe und Kardanwelle zum Hinterrad kombinieren lässt.
Die K-Baureihe noch vor dem Erscheinen der K1100. Auffällig ist, dass noch alle eine 18 Zoll Bereifung tragen
BMW nennt das Ganze klangvoll „BMW-Compact-Drive-System“ und hängt es mittragend in einen offenen Rohrrahmen. Durch die Lage des Motors sind Kurbeltrieb und Zylinderkopf, im Vergleich zur Konkurrenz aus Fernost dieser Zeit, sehr gut zugänglich. Von Fallstromvergasern wollte man Abstand nehmen und bediente sich stattdessen einer modernen Bosch Einspritzanlage, eine Technologie, die bei anderen Marken erst Anfang der Zweitausender in der Großserie Einzug hält und BMW zum Vorreiter macht. Mit dieser Art der Gemischaufbereitung sammelten die Bajuvaren im Automobilbau bereits viel Erfahrung, ein Vorteil, den damals nicht viele Motorradhersteller haben. Das signifikant-laute Heulen der großen Benzinpumpe erhält in den englischsprachigen Ländern sogar eine eigene Bezeichnung: The K-whine.
Bekannt ist die K-Baureihe aber vermutlich bis heute am ehesten durch ihre Fähigkeit ohne große Beanstandungen astronomische Laufleistungen zu erreichen. 1985 kürzt man den Vierzylinder gar und präsentiert die dreizylindrige K75, die bis heute eine glühende Anhängerschaft um sich schart.
Ab 1988 konnten alle K-100 Modelle optional mit einem ABS-Bremssystem geordert werden– Ein erneutes technologisches Vorpreschen, auch wenn das System im Vergleich zu modernen ABS Regelsystemen eher hölzern arbeitet. Im September desselben Jahres stellte BMW die K1 vor, die neben ABS noch zwei weitere Innovationen unter der ausladenden Vollverkleidung trägt: Den ersten vierventil-Zylinderkopf der BMW-Großserie, und den Paralever, eine Hinterradschwingkonstruktion die lästige Lastwechselreaktionen des Kardanantriebes minimieren soll.
Der Motor der K-100 im Schnitt. Unsere K1100 trägt bereits den Vierventil Motor. Es wird sichtbar, warum die K-Modelle schnell den Namen "Fliegender Ziegelstein" oder etwas herablassender "liegender Toaster" weg hatten. Zwar wird die BMW K1 nicht zum Kassenschlager, jedoch die K100RS, die sich ebenfalls mit all diesen Vorzügen schmücken darf. Mit der K1100 RS, also schließlich dem Modell, das Sie hier gewinnen können, schließt sich in den frühen Neunzigern der Kreis der ersten BMW Vierzylinder Baureihe. Die 1100er stellt, ausgestattet mit allen Extras der K100 RS und neben einem Hubraumplus von zehn Prozent auch mit moderner 17 Zoll Bereifung am Vorderrad gesegnet, also den Entwicklungsabschluss der Baureihe dar. Vor über Vierzig Jahren war der BMW-Meilen(ziegel-)stein angetreten, um mit frischen Ideen den Japanern, auch auf dem internationalen Markt, den Wind aus den Segeln zu nehmen.
Auch der Kanzler Kohl wollte sich eine rasante Fahrt auf einer K1 nicht nehmen lassen, damals sicher pilotiert von einem Herrn Toni Mang. Viele der K1 Neuheiten durfte der zahlungskrätige Kunde in den frühen Neunzigern dann auch in der K1100 RS erleben. Mit frischem Service und TÜV könnten Sie, liebe Leser, also die absolute Alltags- und Reisetauglichkeit des einstigen BMW-Kilometerfressers genießen. Besonderer Dank geht an dieser Stelle an Günter Pelzer, der uns diese Ikone für die Kinderkrebshilfe überließ.
Im folgenden Video geht es zwar hauptsächlich um die K75, dennoch ist es eine schöne Homage an die K-Baureihe im Allgemeinen: