Betrifft 125ccm-Maschinen

Bundesrat: PKW-Führerschein gilt auch für 125er

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Die Ankündigung von Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU), Autofahrern künftig den Zugang zum Leichtkraftrad-Führerschein zu erleichtern, hat für einigen Wirbel gesorgt – nun hat der Bundesrat für eine Umsetzung des Vorschlags gestimmt. Wer einen Pkw-Führerschein der Klasse B besitzt, kann demnach mit geringem Aufwand und ohne abschließende Prüfung auch leichte Motorräder der Klasse A1 bis 125ccm Hubraum fahren dürfen. Lediglich ein Mindestalter von 25 Jahren, fünf Jahre Führerscheinbesitz und neun Schulungsstunden à 90 Minuten (Theorie und Praxis) werden zur Voraussetzung gemacht. Der Bundesrat knüpft seine Zustimmung an einige Änderungen am Verordnungstext. Setzt die Bundesregierung die Korrekturen um, kann sie die Verordnung im Bundesgesetzblatt verkünden lassen. Sie wäre dann am Folgetag gültig.

Die Maßnahme soll vor allem auf dem Land die Mobilität verbessern, so Scheuer. Kritiker befürchten unter anderem ein erhöhtes Unfallrisiko. "Motorradfahrer gehören zu einer Hochrisikogruppe und brauchen daher eine gute Fahrausbildung. Autofahrer ohne unabhängige Prüfung der Fahrfertigkeiten auf Motorräder zu lassen, ist fahrlässig und wiegt keinen erhofften Mobilitätsgewinn auf. So geht Vision Zero nicht!" sagt Prof. Kurt Bodewig, Präsident der Deutschen Verkehrswacht.

In OLDTIMER MARKT 9/2019 berichteten wir erstmals über die Pläne des Verkerhsministers. Im Rahmen der Berichterstattung veröffentlichten wir folgenden Kommentar:

Freifahrtschein?

Laut Spiegel-Online "entsetzt" reagierten die Experten des Deutschen Verkehrssicherheitsrates (DVR) und der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt), als Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) ankündigte, Autofahrern den Zugang zu Leichtkrafträdern zu erleichtern, und auch manch besorgter Bürger sah unsichere Zeiten heraufdämmern. Man sehe „keine hinreichenden Gründe, den Zugang zur zweitgefährlichsten Fahrzeugklasse zu lockern“, pampte der DVR in einer Stellungnahme. Auch der Dachverband VdTÜV erteilte den Plänen eine kategorische Absage – natürlich rein aus heeren Sicherheitsbedenken und keinesfalls aus Angst vor Umsatzeinbußen bei dem lukrativen Geschäft mit Führerscheinprüflingen. Und die Berufs-Bedenkenträger der BASt verwiesen sogleich auf die „erkennbare Verschlechterung der Verkehrssicherheit“ in Österreich, das den Zugang zu 125ern bereits 1997 liberalisiert hatte.

Was freilich nicht mal der halben Wahrheit entspricht, wie das RWI – Leibnitz-Institut für Wirtschaftsforschung in seiner Reihe „Unstatistik“ genüsslich ausführt: Tatsächlich waren die Unfallzahlen 1997 sprunghaft um ein knappes Drittel angestiegen, während der Motorrad-Bestand fast ebenso abrupt um über 25 Prozent zugenommen hatte. Allerdings fielen die Zahlen im Folgejahr bereits wieder auf ein Niveau, das sogar unter jenem der Zeit vor der Liberalisierung lag. Anzunehmen, dass ähnliche Erfahrungen gemacht wurden in Belgien, Frankreich, Großbritannien, Italien, Luxemburg, Polen, Portugal, der Slowakei, Spanien und Tschechien, wo es vergleichbare Regelungen gibt. Das von den Statistik-BASt-lern befürchtete „Massensterben“ scheint also ein rein deutsches Phänomen zu sein. Wie auch die mediale Resonanz auf die Pläne. Die Schlüsselreizwörter „ohne Prüfung“ verleiteten zahlreiche Schreiber zu Alarmismus und beschworen bei Querlesern Bilder überforderter Autolenker auf 100-PS-Boliden herauf. Dabei laufen die schnellsten 125er gerade mal 110 km/h. Für einen Geschwindigkeitsrausch reicht das wohl kaum, dafür aber zum souveränen Mitschwimmen im Stadt- und Landstraßenverkehr. Was man von den Mopeds und Mokicks nicht behaupten kann, auf die Autofahrer bislang zurückgreifen mussten, wenn sie einspurig fahren wollten. Wer jemals mit so einem maximal 45 km/h lahmen Teil am Rand einer viel befahrenen Straße im Zentimeterabstand von Lkw überholt wurde, hat seine Nahtoderfahrung bereits hinter sich. Allein der Umstieg der Mopedfahrer auf 125er wäre der Verkehrssicherheit daher schon zuträglich. Leute zum Umsteigen zu bewegen – darum geht es dem Verkehrsminister. Und zwar vom Auto auf ein adäquat motorisiertes Zweirad, mit dem sich die statistische deutsche Pendlerdistanz von zweimal 17 Kilometern pro Arbeitstag flott und entspannt bewältigen lässt, und das bei halbiertem Platz- und Spritbedarf. Wenn dieses Angebot dereinst nur zehn Prozent der Berufspendler annehmen, ist Umwelt und Klima mehr gedient als mit einer Million Elektroautos. Was das mit Oldtimern zu tun hat? Wer insgeheim immer schon mit einem Motorrad geliebäugelt, aber stets die inzwischen absurden Führerscheinkosten von fast 2000 Euro gescheut hat, darf nun hoffen (und diese Hoffnung auch gern seinem Wahlkreis-Abgeordneten kundtun). Wird der Entwurf Gesetz, wartet eine Wunderwelt klassischer 125er auf ihn, von Opas betulicher MZ oder DKW RT über filigrane Italo-Renndiven und lässige Roller bis hin zu federleichten Geländehüpfern aus dem Land der aufgehenden Sonne...

Kommentar von Dirk Ramackers aus OLDTIMER MARKT 9/2019