Vor 40 Jahren

Alfa Romeos GTV6 ist ein Sportcoupé für Technik-Fans

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Er kann säuselsanft sein. Doch wer es herausfordert, dem zeigt der GTV6 sein wahres Gesicht: Hemmungslos röhrend beschleunigt er bis kurz vor den Bremspunkt, dann ein entschlossener Tritt aufs Pedal, das Heck wird unruhig, zweiter Gang, Vollgas, noch etwas sägen, und im Slide ballert der Alfa aus der Kurve, dass es unbedarften Beifahrern flau in der Magengrube wird. Trotz seiner unbestreitbaren dynamischen Qualitäten bleibt der GTV dabei ein gutmütiger Bursche, der nie heimtückisch zurückschlägt Was auf den Beobachter wild und gefährlich wirken mag, bringt den Grand Routier nicht einmal ansatzweise aus der Ruhe. Aber es bringt das Blut seines Fahrers gründlich in Wallung. Wer will, kann sich in einer Viertelstunde ein durchgeschwitztes Hemd verschaffen. Ein Sportwagen für ewig Verspielte, für große Jungs, ein Riesenspielzeug für Nebenberufsverrückte? Auch das, aber es ist wieder nur ein Teil der vielen Wahrheiten.

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Beim Alfa hängt alles von der Einstellung ab. Ein GTV knirscht beim Einfedern unüberhörbar, und das lässt sich nicht wegrestaurieren. Deshalb belächeln Leute, die Qualität anhand von Spaltmaßen beurteilen, dieses Auto. Ein GTV schafft lange Distanzen souverän, ohne auf engen Landstraßen mit kompromittierter Handlichkeit zu nerven. Deshalb lieben Sportwagen-Anhänger dieses Auto. Es sind nicht die absoluten Fahrleistungen, die den Reiz des Coupés ausmachen.

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"Mit dem Sechszylinder war die Alfetta wieder mein Baby – das beste Auto, an dem ich je gearbeitet habe!" Zufrieden lehnte sich Giuseppe Busso nach diesen Worten zurück – und wartet auf die Reaktion, die das Interview, das OLDTIMER MARKT mit ihm führte, auslösen würden. Kein Wunder, Busso hatte die technischen Komponenten vieler Alfas mitbestimmt. Auf sein Konto gingen der berühmte Doppelnocker der Fünfziger-Jahre-Giulietta, er hatte alle Giulia-Versionen entscheidend mitgeprägt. "Die Alfetta sollte uns wieder ganz nach vorn bringen, vor allem mit großen, leistungsstarken Motoren und einem überlegenen Fahrwerkskonzept. Und wenn ich groß sage, dann meine ich groß! Der Montreal-V8 lief bereits in einem Alfetta-GT-Prototyp, doch die Ölkrise machte all die großen Pläne zunichte!"

Wer unter die Motorhaube eines GTV 6 schaut, kann noch heute die Spuren der geplanten Alfa-Offensive erkennen. Die Vorderachse mit ihrer Drehstabfederung ist derart flach gehalten, dass hier so ziemlich jeder V-Motor hinein passen würde. Die Vierzylinder der frühen Alfetta-GT-Chrommodelle wirken an gleicher Stelle beinahe verloren.

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Treffender als es der geniale Konstrukteur Busso in unserem Gespräch von 1994 auf den Punkt brachte, kann man es nicht sagen: Das Alfetta-Konzept mit dem Transaxle-Antrieb und der De-Dion-Achse macht erst mit einem kräftigen Sechszylinder so richtig Sinn. Und so gesehen stellt der GTV 6 die Krone dieser Schöpfung dar. Denn abgesehen vom raren Zagato SZ sollte es einige Zeit dauern, bis es wieder einen sportlichen Alfa mit Heckantrieb gab.

Und heute? Gute Exemplare waren schon schwer zu finden, als der GTV noch in der Kategorie Youngtimer einzusortieren war, liegen laut Classic-Data-Marktspiegel im Zustand 2 im Bereich von etwa 20.000 Euro. "Ein unverbasteltes Auto mit überschaubarer Kilometerleistung ist fast wie ein Sechser im Lotto", schrieben wir schon in unserer Kaufberatung in OLDTIMER MARKT 5/2004. Diese legen wir jedem ans Herz, der mit dem Kauf eines der schicken Coupés liebäugelt.

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