Automobiles Erbe
- 04. April 2018
- Red. OLDTIMER MARKT
Über Geld und den Tod spricht man nicht. Johannes Hübner bricht hier gleich zwei Tabus. Warum? Weil es sein muss. Auch wenn es weh tut. Weil die Sonne über uns nicht ewig scheint und weil es besser ist, sich zu früh als zu spät Gedanken zu machen
Als Weihnachtsgruß schickte mein 76-jähriger Freund ein Foto, auf dem er mit seiner Frau und einem Cabriolet zu sehen ist und schrieb „wir haben ein neues Kind in unserer Familie“ – eine Familie auf Rädern ohne echte Kinder, dafür aber mit 21 Autos aller Baujahre, verteilt auf vier gemietete Hallen und drei Garagen. Die viel bewunderte Sammlung war immer fröhlicher Treffpunkt des Freundeskreises. „Kannst Du uns helfen, die Autos und alle gesammelten Sachen in gute Hände zu geben?“, rief seine Frau letzthin seinen besten der langjährigen Freunde nach dem plötzlichen leichten Schlaganfall ihres Gatten an. „Er kann sich nicht mehr sicher bewegen und ob er nochmal so wie früher Auto fahren kann, weiß auch keiner.“ Wie viele Autos sind es denn? Gibt es eine Liste, habt Ihr alle Dokumente zusammen? Sind jemals Wertgutachten gemacht worden? Sie weiß es nicht genau, aber sie wollen beide drüber reden, auch wenn „es ihn so belastet und er eigentlich gar nicht daran denken will, dass alles irgendwie enden muss.“ Irgendwie endet jedet Sammlergeschichte – die wenigsten davon jedoch mit der Sicherheit für den Sammler und seine Angehörigen, die er sich selbst gewünscht hat, als noch die Sonne über dem Hobby schien und man sich auf einer endlosen Straße der gelebten Vergangenheit wähnte.
Wenn wir ins Altenheim müssen, können wir uns die Hallenmiete nicht mehr leisten
„Kennst Du mich nicht mehr“, sagte mit brüchiger Stimme leise der alte Herr mit dem Rollator zu mir auf der Techno-Classica, „ich war doch zig mal mit Dir auf der 2000-km-Deutschlandfahrt?“ und ich hatte Mühe, mein Erschrecken in freudiges Erstaunen zu kleiden. „Ach“, sagte die Frau eines anderen Sammlers, der mich seit Jahren mit seinen ausgesuchten Vorkriegswagen erfreute, „Sie wissen wohl gar nicht, dass mein Mann mit seiner Arthrose nicht mehr Autofahren kann – ich versuche ja, die Autos immer mal zu fahren, aber den großen amerikanischen Pullman kann ich als Frau wirklich nicht bewegen. Und jetzt will die Versicherung nach den neuen Gutachten so viel Prämie haben, dass auch die Kinder gesagt haben, dann müssen wir die Autos eben verkaufen, denn wenn wir mal ins Altenheim müssen, können wir uns die Hallenmiete auch nicht mehr leisten.“
Das sind Szenarien, über denen die Geier kreisen. Wer erlebt hat, wie schnell Sammlungen zerschlagen, Autos verkauft werden und Automobilia allein aus Zeitgründen im Container landet, muss gegen diesen Ausverkauf seines Lebenswerks Vorsorge treffen. Die Geier, das sind die Händler mit dem schnellen Geld, die wissen, das Cash nicht nur in einem Trauerhaushalt die harte Währung ist, mit der man rasche Schnäppchen machen kann. Deals, gegen die sich die Betroffenen bei voller Handlungsfähigkeit vehement gewehrt hätten. Aber so sind die Hinterbliebenen noch dankbar, dass die Dinge wenigstens in gute Hände kommen. Ja, sie sind froh, dass vor dem Verschrotten und Wegwerfen gerettet ist, was der Sammler selbst seinerzeit vor diesem Schicksal bewahrt hat. Doch selbst wo gute Freunde und Clubkameraden das Schlimmste verhindern können, ist es notwendig, Vorkehrungen zu treffen, solange die Sonne noch scheint – Rostschutz und Persenning über dem eigenen Lebenswerk. Wer der eingangs geäußerten Bitte um Hilfe in guter Verbundenheit zum Betroffenen vorschnell zustimmt, lernt meist schon innerhalb der ersten Stunden, dass er einen Vollzeitjob im diplomatischen Dienst übernommen hat, der ihn schnell ins Allerheiligste seines Freundes führen wird, wenn nicht qualifiziert Vorsorge getroffen wurde.
Katalogisieren
Jeder Sammler hat im Kopf, was er wo aufbewahrt, woher es kommt und wo die Dokumente dazu sind – er, sonst niemand. Doch wer nur für sechs Wochen ins Krankenhaus muss, wird erleben, dass schon seine Frau die Ordner nicht findet, die Hallenschlüssel sucht und erst recht die Autoschlüssel, die doch beim BMW stecken müssten, bei dem die Batterie abgeklemmt ist. Oder die beim Alfa oben auf dem linken Hinterrad liegen, damit man ihn immer schnell bewegen kann, weil er doch vorn in der Durchfahrt steht. Das Beispiel zeigt, dass man auf jeden Fall einen Ordner anlegen muss, nicht nur, wenn das Alter eine Sechs vorn erreicht hat, sondern auch, wenn der Wert der gesammelten Werke sechsstellig geworden ist. Und erst recht, wenn man bislang eher verdrängt hat, dass der seit 20 Jahren im Haus befindliche BMW M1 inzwischen statt 100.000 Mark eher eine Million Euro wert ist…
In dem Ordner, der seinen Platz in einem Tresor oder Bankschließfach finden sollte, sollte ein Registerblatt liegen, das alle Fahrzeuge mit Fahrgestellnummer, möglichen Kennzeichen, Farbe, Zustand und Standort enthält. Dahinter folgen die einzelnen Unterordner, in denen die wichtigsten Dokumente zu den Fahrzeugen vom Kaufvertrag über Rechnungen bis zu Versicherungen und Wertgutachten zusammengefasst sind. Schnell werden aus solchen Registern mehrere Ordner – dann hilft ein Fahrzeugbuch nach Art eines Kassenbuchs, alle Ordner zu listen, weil man da jedem Fahrzeug mindestens eine Doppelseite widmen kann. Machen Sie’s NICHT elektronisch, sondern höchstens zusätzlich am PC, wenn Sie alles, was Sie erfassen, anschließend ausdrucken und in einem Ordner als Logbuch sammeln.
Bewerten und sichern
Am Besten ist es, zu jedem Fahrzeug eine Mappe anzulegen, denn für eine qualifizierte Verwaltung ist es unerlässlich, jedes wertvollere Stück auch sachverständig begutachten zu lassen. Das gilt nicht nur für Fahrzeuge, sondern auch für Automobilia, Uhren, Kunstwerke und Skulpturen, Memorabilien, Originalunterlagen und Fotos, wobei man letztere zu Konvoluten zusammenfassen und gemeinsam bewerten lassen kann. Schon bei der Auswahl der Gutachter merkt man, dass es, wie immer im Leben, gute und schlechte, richtige und falsche gibt.
Während die Bewertung eines Fahrzeugs relativ einfach über das flächendeckende Gutachter-Netzwerk von Classic Data erfolgen kann, sind vertrauenswürdige Experten für Automobilia, Kunst und Sammlungsgegenstände äußerst dünn gesät. Ein leicht erhältliches antiquarisches Buch kann ein Vielfaches wert sein, wenn darin Enzo Ferrari seinem Fahrer Jacky Ickx eine persönliche Widmung anlässlich des Sieges bei den 24 Stunden von Le Mans hinterlassen hat. Oder ein prominenter Zeitgenosse seine persönlichen Notizen an den Rand schrieb. Eine Betriebsanleitung ist beliebig, aber die Originalunterlage zu dem Auto in dieser Sammlung kann plötzlich der Schlüssel zu einem ganz anderen Wert sein – wenn dies sachverständig erkannt und richtig bewertet wird.
Dokumente beisammenhalten
„Nehmen Sie die schon mal mit, damit Ihnen die Entscheidung, ob Sie das SE-Coupé meines Mannes kaufen wollen, leichter fällt“, hielt die Witwe einem Kaufinteressenten aufmunternd die Mappe mit Betriebsanleitung und Servicescheckheft hin. Oder: „Den Vorkriegs-Admiral hatte schon mein Mann verkauft, aber die Fahrzeugdokumente haben wir abgesehen vom Brief damals lieber noch zur Erinnerung behalten“. Solche Aussagen zeigen, wie schnell Fehler passieren. Doch wenn am Tag X qualifiziert gehandelt werden soll, sind Bewertungen und Gutachten unerlässlich!
Und Vorsicht: Gutachten altern! Ruckzuck sind fünf Jahre vergangen und spätestens nach zehn Jahren taugen die Testate nur noch zur Überprüfung des gegebenen Sachverhaltes, nicht aber mehr zur Bewertung. Neben der Anlage vollständiger Mappen sollte auch deren turnusmäßige Aktualisierung festgelegt werden, etwa, indem im Register auch das Datum der jeweils letzten Begutachtung geführt wird und man zumindest im Überblick sieht, wann zehn Jahre vergangen sind. Jede Hausratversicherung beruht auf diesem Prinzip, um eine Unterdeckung möglichst zu vermeiden.
Werte feststellen
Bei Automobilia und Sammlungsgegenständen sind ebenso wie beim Fahrzeug selbst die Kaufverträge mit den sichtbaren Preisen sehr wichtig. Beim Fahrzeug können sie den Nebeneffekt haben, Überbewertungen zu vermeiden, andererseits sind dies natürlich auch Dinge, die Finanzamt und Notar, etwa bei Testamentseröffnungen, sehr interessieren. Es hilft kein Drumherumreden: am Tag X wird Tabula rasa gemacht und niemand fragt nach der Befindlichkeit der Betroffenen und der Familie. Selbst wenn der Erblasser aus gleich welchen Gründen das automobile Erbe seinem Club oder einem Sachwalter vermacht, müssen diese auch zuerst den Wert der in ihrer Obhut befindlichen Dinge feststellen lassen. Bei höchstwertigen Fahrzeugen kann schnell der von der Erbschaftssteuer gegebene Freibetrag von 400.000 Euro überschritten werden, das heißt, möglicherweise ansonsten mittellose Erbberechtigte müssen abwägen können, ob sie das Erbe überhaupt antreten wollen und ob das Fahrzeug gegebenenfalls schnell zu welchem Preis verkäuflich ist, um die Erbschaftssteuer ohne lange Zwischenkreditierung bezahlen zu können. So ein Porsche Carrera RS von Onkel Theo kann da schnell auch finanziell zur Heckschleuder werden.
Für die Kreditierung gibt’s inzwischen verschiedene Lösungen: Wo man bislang mühsam eine Bank sucht, die ein Darlehen auf den Wert eines Autos gibt, das einerseits noch nicht zuverlässig bewertet wurde und andererseits dem Darlehensnehmer noch gar nicht gehört, können Erblasser und Erbe vorsorglich eine Todesfallversicherung auf den Erblasser abschließen. Voraussetzung dafür ist, dass beide beizeiten darüber reden. Oder der Besitzer des Erbgutes zahlt selbst eine Summe für eine Todesfallversicherung als Geldanlage bei einer Versicherung ein, die derzeit sogar mit drei Prozent verzinst wird.
Wer so Geld anlegt, tut dies als Todesfallversicherung aber nicht erbschaftssteuerbefreit. Deshalb lohnt es sich durchaus, als Begünstigten im Todesfall das Finanzamt vorzusehen, denn dann bleibt das Geld im Erbfall von der Erbschaftsteuer befreit.
Der mögliche Erbe könnte auch für sich vorsorglich eine Risiko-Lebensversicherung auf das Leben des Erblassers abschließen. Er ist dann gleichzeitig Versicherungsnehmer, Beitragszahler und bezugsberechtigte Person, obwohl der Erblasser die versicherte Person ist. Als derjenige, der die Beiträge aus versteuertem Einkommen zahlt, ist die Versicherungszahlung im Todesfall dann von der Erbschaftsteuer befreit.
Erste Oldtimer-Versicherungsagenturen beginnen, sich auf die vorsorglichen Regelmöglichkeiten zu spezialisieren und können die Probleme rund um mögliche Gesamterbe, Oldtimerbeschreibung, Bewertung, Versicherung und Finanzamt mit einer geeigneten Erbschaftsabsicherung zusammenfassend lösen helfen.
Sichern und erhalten
Alles, was bewertet wurde, muss auch gesichert werden. Es wirkt wertmindernd, den schicken BMW Z1 unbewegt im halboffenen Carport aufzubewahren und auch Automobila muss trocken und lichtgeschützt gelagert werden. Das umfangreiche Lebenswerk so manches bekannten Fotografen mag wegen Schimmel und Stockflecken bei der Haushaltsauflösung vor dem Umzug ins Altenheim im Müllcontainer gelandet sein.
Wer darf was?
Festlegen muss man auch, wer wann was mit den Sammlerstücken tun darf, die sich katalogisiert und bewertet in den begleitenden Unterlagen finden. Dieser Verfügungsfall kann täglich eintreten, ob nach Wasserrohrbruch im Urlaub oder Feuer, ob bei längerer Krankheit oder auch Entzug der Verfügbarkeit durch Insolvenz oder andere juristische Verfahren und erst Recht bei schweren Krankheiten oder gar Tod. Wo Oldtimer sind, versuchen viele, sich möglichst schnell die Verfügungsgewalt zu verschaffen, sobald Unsicherheiten auftreten. In manchen Fällen sind sogar Leihgaben in Museen in die Hand der Betreiber übergegangen, wenn schließlich auch die Witwe des prominenten Leihgebers verstarb und sich in den Hinterlassenschaften keine hieb- und stichfesten Leihverträge befanden. Dies kann schnell auch Fahrzeuge betreffen, die irgendwo in mündlicher Absprache in Hallen und Garagen abgestellt wurden und von den Angehörigen mangels Kenntnis regelrecht vergessen wurden – auch das geschieht häufiger als man vermutet. Zu einer Sammlung gehört deshalb zwingend auch eine Art Sammlerverfügung, die zweifelsfrei regelt, wer was mit welchen Dingen tun darf. Wenn diese Verfügung den Passus enthält, dass jegliche Nutzung des Sammlerstücks nur nach Absprache mit dem Verwalter der archivierten Unterlagen und unter Eintrag ins dazugehörige Logbuch geschehen darf, ist dem Missbrauch bis hin zum Verschwinden ein Riegel vorgeschoben.
Oldtimer im Testament
Nur in seltenen Fällen werden Oldtimer testamentarisch so erfasst, wie es für einen reibungslosen Erbfall notwendig ist. In den meisten Fällen ist der Erblasser schlichtweg des Aufwands überdrüssig, zu schwach oder zu krank. So schön es wäre, wenn die Enkel die Sache mit einem fröhlichen „Du Opa, deinen Kapitän krieg doch eines Tages ich“ klären könnten, traut sich die Verwandtschaft mit zunehmendem Alter meist nicht, die Ahnen an ein geordnetes Testament zu erinnern. Dies wissend, sollten Besitzer wertvoller Sammlerstücke die Weitergabe lieber zu früh als zu spät angehen. Wo Gutachten und Akten zu den Fahrzeugen vorhanden sind, ist der Weg schon geebnet, im Testament genügt der Verweis auf das Vorhandensein solcher Dokumente.
Was dazu gehört
Zum Testament gehören sollte erstens: ein Hinweis auf die Zahl der Fahrzeuge, eine Liste der Fahrzeuge mit Marke, Typ, Baujahr, Kennzeichen, Chassisnummer, Verwahrort der Papiere, Standort und Hinweis auf Fahrzeugakte und Gutachten sowie eine Wertangabe zu den einzelnen Fahrzeugen.
Kompliziert ist die Wertermittlung des Erbes: Hier ist es analog zu Immobilien und Kunstgegenständen notwendig, ein halbwegs aktuelles Wertgutachten zu haben. Doch selbst wenn dieses vorliegt, kann es oft einen Erben geben, der ein neues Gutachten fordert. Je nach Art des Fahrzeugs kann dies das Erbe tatsächlich zum Streitfall machen. Denn wo der Erblasser noch vor ein paar Jahren 16.000 Euro für den VW-T1-Bus eintrug, könnte heute das Zehnfache realistisch sein. Plötzlich bekommt dann der Vetter zweiten Grades mehr als der geliebte Enkel, der Omas Häuschen geerbt hat.
Glück hat, wer ein Grundstück mit Bebauung erbt und in der Scheune Opas alten Porsche findet – wenn nicht auf der Liste der Nachlassgegenstände aufgeführt, gehören vom Handfeger über den Porsche bis zum vergrabenen Goldschatz alle Dinge zu dem ihm zugesprochenen Erbteil, so dass er der buckligen Verwandtschaft für diese Fundstücke keinen Ausgleich geben muss. Wer allerdings zu protzig angibt, sollte wissen, dass der unverhoffte Eigentumszuwachs das Finanzamt anzieht wie der Pferdeapfel die Fliegen…
Schwierig wird es, wenn der Erblasser einem guten Freund einen Oldtimer vermachen möchte, etwa weil sich unter den Erbberechtigten sonst kein Interessent findet. Er muss ein Vermächtnis zu Gunsten des Bedachten anordnen und dies auch im Testament deutlich niederlegen – sonst ist Streit zu erwarten. Der Wert des Oldies wird entweder aus der Erbmasse herausgerechnet oder die Vermächtnisse gegeneinander aufgerechnet. Auch hier geht ohne Gutachten nichts! Besser ist es, das Fahrzeug schon zu Lebzeiten zu verkaufen, zu welchem Preis auch immer. Desgleichen wertvolle Automobilia und Sammlungen, die im Todesfall sonst erst in längerfristigen Verfahren bewertet werden müssen.
So hart es klingt: ein Testament ohne glaubhafte Wertangaben zu den Klassikern kann erst wirksam werden, wenn alle Werte feststehen – auf die Gutachter kommt eine riesige Aufgabe zu. Wenn sich Erben auf eine Erbauseinandersetzung nach vorläufigen Werten einigen, kann dies zu großen Überraschungen führen, wenn später die tatsächlichen Werte einbezogen werden. Wo Einigkeit herrscht, kann man sich für die Bewertung Zeit lassen, doch wenn es Streit gibt, beschleunigt sich das Verfahren mit der Gefahr unzutreffender Bewertungen. Es gibt keine bindenden Fristen, die für die Erbscheinverfahren und auch für die Erbauseinandersetzung gelten, ein Erbschein kann noch Jahre nach dem Tod des Erblassers beantragt werden.
Wege zur Kontinuität schaffen
Umfangreiche Hobbies bergen die Gefahr, dass der Sammler immer dort aktiv sein will, wo es entweder am attraktivsten oder auch am notwendigsten ist. Selbst versierte Sammler verlieren bald den Überblick, welche offene Baustellen noch zu schließen sind. War das Hinterachsöl schon getauscht, die Bremsflüssigkeit gewechselt, welches Fahrzeug hat eine Ruheversicherung, welches muss zur HU? Die zwei- und vierrädrigen Lieblinge brauchen eine geregelte Betreuung. Ein großes Brett an der Hallenwand mit Klammern über DIN-A4-großen Feldern, an denen jedes Fahrzeug sein aktuelles Statusblatt hat, auf dem offene Posten eingetragen sind, schafft Überblick. Dort hängen aber keine Schlüssel und auch keine Originaldokumente – die gehören in die erwähnte Fahrzeug-Kladde im Ordner oder Tresor. Ein Tag der Woche sollte fest für die Sammlung reserviert werden, besser nicht am Wochenende, denn da soll das vorbereitete Fahrzeug ja rollen. Donnerstagabend für die Fahrzeuge oder auch das Archiv, damit noch ein Werktag für Bestellungen, Teile und Reparaturen bleibt, bevor man spätestens am Samstagmorgen aufbrechen kann. Gut ist es, wenn Familienangehörige oder auch tatsächlich beste Freunde einbezogen werden, denn dann geht alles immer schneller und es wird weniger vergessen.
Vermächtnis für die Zukunft
Größere Konvolute bergen immer die Gefahr, mit dem Ende der Verfügungsgewalt des Sammlers in alle Winde zerstreut zu werden, weil die Notwendigkeit besteht, Flächen zu räumen, ein Erbe zu verwalten und gegebenenfalls auch Erlöse zu schaffen. In den seltensten Fällen finden sich andere Sammler, die, wie etwa im Falle der ALGA-Nutzfahrzeugsammlung mit dem Vermächtnis von Emil Bölling, eine Sammlung en bloc kaufen können. Schnell spricht man dann von einer Stiftung, in der doch alles aufgefangen werden könnte. Doch kaum darüber, wie aufwändig, teuer und vielschichtig solch ein Vorhaben ist – ein Thema für eine separate Betrachtung.
Wer Werte zusammenträgt, um sie zu erhalten, muss erst recht daran denken, was damit geschehen wird, wenn man sich eines Tages nicht mehr selbst um all die Schätzchen eines erlebnisreichen Sammlerlebens kümmern kann. Spätestens wenn der Kater nach der rauschenden Party zum 60. Geburtstag verschwunden ist, sollte man sich damit fit halten, die schönen Dinge gemeinsam mit seinen Nachfahren vor den Geiern zu schützen, die bedrohlich über allen Vermögensübertragungen kreisen.
Text: Johannes Hübner Illustrationen: Lothar Krebs