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Wisch und weg

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Keine Bedarf für freie Sicht?

Es gibt Bauteile im Auto, die einem als solcherart selbstverständlich erscheinen, dass man sich gar nicht vorstellen kann wie man früher einmal ohne sie zurechtkam. Die Scheibenwischer sind so ein Bauteil. Da in den Anfangstagen des Automobils Regenfahrten in Ermangelung eines Daches meistens sowieso unterblieben, bestand kaum rechter Bedarf für ein Gerät, das die Scheibe frei hält. Erst anfangs des 20. Jahrhunderts, als die Fahrzeuge zunehmend schneller wurden, trat das Problem der Sichtbehinderung durch Tropfen an der Frontscheibe mehr zutage. 1903 hatte die US-Amerikanerin Mary Anderson die Idee für eine Gummiabstreiflippe, die, per Hand betätigt und durch eine Rückholfeder unterstützt, die Scheibe frei wischen sollte. Am 10. November des selben Jahres erhielt sie in Birmingham, Alabama für Ihre Erfindung das Patent mit der Nummer 743.801.

Inhaltsbild Erst angeblich nutzlos, dann nicht mehr wegzudenken

Doch Mary Anderson verdiente mit ihrer Idee keinen Cent. Gleich mehrere Hersteller lehnten den Bau des ersten Scheibenwischers ab, angeblich aus Mangel an praktischem Nutzen. Erst nach dem Erlöschen des Patents erkannten auch die Automobilhersteller und -zulieferer die Notwendigkeit und verbauten ähnliche Systeme. So richtig sicher über den perfekten Antrieb war man sich allerdings noch nicht: Diverse Irrwege wie Unterdrucksteuerung und Nockenwellen- oder Tachowellenabtrieb führten schließlich zum elektrisch betriebenen Scheibenwischer, wie ihn die Bosch 1926 präsentierte. Dieser hatte den Vorteil, unabhängig von Fahrzeuggeschwindigkeit und Motordrehzahl ein konstantes Wischtempo zu liefern. 1964 folgte dann auch die Erfindung des Intervallwischens, damit die Wischerblätter bei nur geringem Regen nicht andauernd über die trockene Scheibe rubbeln müssen.

Wer weiß, wenn Mary Anderson ihre Idee ein paar Jahre später gehabt hätte, wäre sie vermutlich reich damit geworden - und jeder Automobilenthusiast würde heute ihren Namen kennen.