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Vor 80 Jahren: Caracciola fährt Rekorde ein

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Die Rekordhatz der dreißiger Jahre

Der Motorsport der zweiten Hälfte der dreißiger Jahre wurde in Europa bestimmt durch zwei Marken: Auto Union und Mercedes-Benz. Doch die beiden deutschen Hersteller duellierten sich nicht nur auf den Rennstrecken, auch abseits der Großen Preise entbrannte ein Wettkampf zwischen den Marken: Es ging um Rekorde. Vor genau 80 Jahren gelangen Rudolf Caracciola, dem Grand-Prix-Europameister von 1935, einige neue neue Klassen- und sogar ein Weltrekord.

Inhaltsbild Neuer Motor, bessere Aerodynamik

Die Fahrten am 26. Oktober 1936 fanden auf der Autobahn Frankfurt - Heidelberg statt, der heutigen A5. Waren die Rekordfahrzeuge der Vorjahre noch verkleidete Rennwagen mit modifizierter Karosserie, so konzipierten die Mercedes-Benz Ingenieure für 1936 ein völlig neuen Fahrzeug - einzig für Rekordfahrten. Obwohl dieses auf dem Grand-Prix-Rennwagen W 25 basierte, wies es doch einige elementare Unterschiede auf: So war die Stromlinienkarosserie noch flacher gestaltet und die Räder weitgehend in die Karosserie integriert. Der junge Konstrukteur Josef Müller hatte diese Form im Windkanal des Luftschiffbau Zeppelin in Friedrichshafen entwickelt. Eine weitere Neuheit war der Zwölfzylinder-Kompressormotor mit 5,58 Liter Hubraum und einer Leistung von zunächst 616 PS. Der neue V12-Motor bot das Leistungsniveau, das der Reihenachtzylinder des Grand-Prix-Silberpfeils, wegen der Beschränkungen durch die 750-Kilogramm-Formel, noch nicht erreicht hatte. Später konnte das intern M 25 DAB genannte Aggregat sogar auf bis zu 765 PS gebracht werden.

Erster Rekordtag mit glänzenden Ergebnissen

1936 mussten jedoch die rund 600 PS für Caracciolas Fahrten reichen. Und schon der erste Versuchstag, der 26. Oktober, führte zu großartigen Erfolgen. Für den Kilometer mit fliegendem Start wurde als Mittelwert aus beiden Richtungen ein neuer Klassenrekord mit 364,38 km/h gemessen. Und das, obwohl der Fahrtwind auf der Hinfahrt die dünnwandige Karosserie am Kühllufteinlass eindrückte und damit die Aerodynamik verschlechterte. Bei der anschließenden Fahrt für die Meile mit fliegendem Start betrug der Mittelwert 366,9 km/h, auf der Rückfahrt wurde sogar der absolute Spitzenwert von 372,102 km/h gemessen. Bei diesem Versuch waren erstmals auch die Hinterräder vollkommen abgedeckt, ebenso wie beim anschließenden Lauf über fünf Kilometer mit fliegendem Start. Auch hier verbesserte Caracciola den bestehenden Klassenrekord auf 340,554 km/h (zuvor: 312,419 km/h). Die weiteren Fahrten an diesem Tag mussten durch aufkommenden Wind abgebrochen werden.

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Zweiter Versuch über die langen Distanzen

Zwei Wochen später, am 11. November 1936 wurden die Rekordfahrten fortgesetzt. Erkenntnisse vom ersten Tag führten in der Zwischenzeit zu Verbesserungen und Feintuning an Getriebe und Karosserie. eine Optimierung fiel bei Caracciola jedoch glatt durch: Das vorgesehene geschlossene Cockpit behagte dem Pilot überhaupt nicht. Für die anstehenden Rekordversuche über zehn Kilometer und zehn Meilen musste zudem die Strecke auf der erneut gesperrten Autobahn von 22 auf 38 Kilometer verlängert werden. Die Bilanz von Caracciola und Mercedes-Benz am Ende dieses zweiten Rekordtags im Herbst 1936 konnte sich dann wahrlich sehen lassen: Klassenrekord über fünf Meilen mit fliegendem Start 336,838 km/h (zuvor: 291,035 km/h), Klassenrekord über zehn Kilometer mit fliegendem Start 331,899 km/h (zuvor: 288,612 km/h), Klassenrekord und zugleich Weltrekord über zehn Meilen mit fliegendem Start 333,489 km/h (zuvor: 285,451 km/h).

Auch wenn damit die Rekordmarken für 1936 abgesteckt waren, so ging die Hatz in den folgenden zwei Jahren weiter - und steigerten sich zu einem epischen Duell zwischen Mercedes-Benz und der Auto Union. ein stetiges Kopf-an-Kopf-Rennen, dem erst der Ausbruch des zweiten Weltkrieges ein Ende setzte…