Knalleffekt in blau

Immer dann, wenn ein Hersteller ein neues Modell präsentiert, muss ein Knalleffekt her. Etwas spektakulär Neues, das einschlägt wie eine Bombe und den Blick lenkt auf das was da in seinem Windschatten folgt. Bei Renault ist das Mitte der Fünfziger Jahre die Dauphine, die in die Fußstapfen des in Europa beliebten "Cremeschnittchens" 4 CV treten soll. Doch in den USA waren die kompakten von Renault nur eine Randnotiz mit unterirdischen Verkaufszahlen. Die Dauphine soll das nun ändern. Und damit möglichst viele Amerikaner von der Leistungsfähigkeit der Autos aus Frankreich überzeugt werden, bedarf es des eingangs erwähnten Knalleffekts, der das Augenmerk in die (aus Renault-Sicht) richtige Richtung lenken soll. Was passt da besser als einen Rekord aufzustellen? Und zwar nicht irgendwo, sondern direkt auf US-amerikanischem Boden, genauer gesagt auf dem ausgetrockneten Salzsee von Bonneville.

Mit Turbinenpower auf den Salzsee

Doch das, was die Renault-Mannen da an den Start bringen, hat mit einer Dauphine rein gar nichts gemein: knapp fünf Meter lang, unter einem Meter hoch und am Heck mit zwei ausladenden Heckflossen - das Ergebnis langer Versuchsarbeit im Windkanal des Laboratoire Eiffel. Doch die optische Erscheinung ist nur ein Teil der Sensation: Unter der Kunststoffhaut verbirgt sich eine 270 PS starke Gasturbine des Typs "Turmo 1" von der Societé Turboméca. Die Präsentation des in der klassischen französischen Rennfarbe blau gehaltenen Wagens findet am 22. Juni 1956 noch in der alten Welt statt, auf der Hochgeschwindigkeitsbrenner in Monthlery. Der offizielle Name der Flunder: Etoile Filante, was auf deutsch schlicht Sternschnuppe bedeutet.

Ein Rekord - und ein Wunsch, der nicht in Erfüllung geht

Knapp zweieinhalb Monate später, am 5. September, geht Etoile Filante in Bonneville an den Start. Und es läuft gut: Auf der zwölf Kilometer langen Strecke erreicht die französische Sternschnuppe 308,85 km/h - Rekord für turbinenbetriebene Fahrzeuge unter einer Tonne Gesamtgewicht! Der Knalleffekt ist gelungen, die Amerikaner nehmen zumindest Notiz von den Truppe aus Billancourt. Doch geholfen hat es letztlich wenig, denn auch die Dauphine verkauft sich anschließend nur sehr schleppend. In den USA stehen vorerst weiterhin dicke Schlitten ganz hoch im Kurs, da hilft es auch nichts, sich etwas zu wünschen, wenn eine Sternschnuppe vorbeirauscht…

Mehr zu Renaults Rekordwagen Etoile Filante finden Sie in OLDTIMER MARKT 7/1999.