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Heiße Einspritzer: GTI oder GTE?

1975 war ein gutes Jahr - zumindest für Freunde schneller Kompaktwagen. Gleich drei deutsche Automobilhersteller präsentierten im September jenen Jahres auf der Frankfurter IAA heiße Autos mit kompakten Abmessungen und Einspritzmotoren. Fortan lautete die Frage vor den Dorfdiskotheken nur noch: GTI oder GTE?

Vom Buchhalter zum Wochenendsportler: Audi 80 GTE

Stellen Sie sich vor der nette Buchhalter von nebenan würde auf einmal seinen grauen Anzug beiseite legen und nur noch im schreibunten Sportoutfit vor die Haustür gehen. So oder so ähnlich haben es wohl die Besucher des Audi-Standes auf der IAA wahrgenommen, als bei der als höchst bieder verschrienen Marke Audi der 80 GTE präsentiert wurde.

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Der Wagen war ein erster Schritt für einen radikalen Imagewandel der Ingolstädter, weg von den Hosenträgern, hin zu mehr Dynamik. Für Vortrieb sorgte ein 1,6-Liter-Motor mit per Zahnriemen angetriebener obenliegender Nockenwelle und K-Jetronic von Bosch. Die 110 PS verhalfen der Stufenhecklimousine mit Frontantrieb bei 900 Kilogramm Gewicht zu erstaunlichen Fahrleistungen, und wilderte damit deutlich im Revier des größeren Audi 100. Wer es nicht ganz so heiß brauchte, der konnte zum "nur" 100 PS starken GT greifen, der anstelle der Einspritzung per Fallstromvergaser mit Gemisch versorgt wurde.
Neben den gerne bestellen Signalfarben fiel der Audi 80 GTE vor allem durch seine sportlich mattschwarze Habube, die Seitenstreifen und den Frontspoiler ins Auge. Auch wenn der GTE nie die ganz großen Verkaufserfolge einfahren konnte, so trug er doch nachhaltig seinen Anteil zur Imageaufwertung der Marke bei.

Wegbereiter eine Gattung: Golf GTI

Bei Volkswagen griff man in den Konzernbaukasten und verpasste dem ein Jahr zuvor vorgestellten Golf das muntere Triebwerk des Audi 80 GTE. Im Gegensatz zum Audi war der VW bei der IAA-Präsentation aber noch nicht serienreif. Erst im darauffolgenden Jahr bekamen die Kunden die Gelegenheit die nur 810 Kilogramm wiegende Taschenrakete zu kaufen. Und der GTI verkaufte sich vom Start weg hervorragend.
Dank des Frontantriebs war der Wagen bei nahezu allen Witterungsverhältnissen auch für ungeübte Fahrer stets beherrschbar, bot aber dabei immer ausreichend Leistung, um auch wesentlich größere Wagen zu ärgern.

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Äußerlich war die heißeste Golf-Variante am rot umrahmten Kühlergrill, dem Frontspoiler und den schwarzen Radlaufverbreiterungen für die 175er Reifen erkennbar. Außerdem sollte ein Streifendekor an den Flanken und ein schwarz umrandetes Heckfenster Sportlichkeit symbolisieren. 1982 stockten die Wolfsburger den Motor auf 1800 und 112 PS auf, ein Jahr später erschien das heute gesuchte Sondermodell Pirelli Golf mit den charakteristischen Leichtmetallfelgen. Der Golf 1 GTI gilt heute als Wegbereiter der "Hot Hatches", schnellen kompakten Fronttrieblern mit großer praktischer Heckklappe.

Klassische Layout und echte Sportambitionen: Kadett GTE

Opel setzte dagegen ganz auf die konventionelle Heckantriebskonfiguration und vertraute auf den vom Manta GTE bekannten 1,9-Liter-cih mit fortschrittlicher L-Jetronic. Auch hier sorgten 110 PS für rasanten Vortrieb, allerdings hatte der Kadett gegenüber dem Golf ein paar Pfunde mehr zu schleppen. Ein Manko, das er durch den größeren Hubraum wieder ausglich.
Optisch trat der nur in Coupé-Form erhältliche Rüsselsheimer mit der schwarz-gelben Lackierung recht martialisch auf, dabei verzichtete er als einziger in dem Trio auf aerodynamische Hilfsmittel in Form von Spoilern. Die kamen erst zwei Jahre später zusammen mit der Hubraumaufstockung auf satte zwei Liter.

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Doch anders als seine frontgetriebenen Konkurrenten war der Kadett C GTE erst in zweiter Linie als schnelles Straßenauto gedacht. Tatsächlich sollte er für die nötige Homologationsstückzahl sorgen, damit Opel für ambitionierte Privatfahrer ein taugliches Renn- oder Rallyeauto bereitstellen konnte. Und diese Aufgabe meisterte der Kadett bravourös: Während die Werkseinsätze in der Rallye-Weltmeisterschaft (unter anderem mit Walter Röhrl am Steuer) eher glücklos blieben räumten Privatiers in den serienklassen reihenweise Trophäen und erste Plätze ab. Es gab Jahre, in denen war in der Gruppe 1 praktisch kein Vorbeikommen an einem Kadett GTE.

GTI oder GTE?

Allen dreien ist gemein, dass sie im Laufe ihres Autolebens meist hart rangenommen und wurden und daher heute entsprechend selten sind. Aber gerade deshalb und weil kompakte Autos mit leistungsstarken Triebwerken nichts von ihrer Faszination eingebüsst haben, schart sich heute eine große Fangemeinde um die drei. Und die alte Frage "GTI oder GTE?" wird heute auch nicht mehr auf der Landstraße ausgetragen. Vielmehr freut man sich zusammen am Spaß mit den kleinen Krawallschachteln…