Der Renner, der nicht rennen durfte
- 14. August 2015
- Red. OLDTIMER MARKT
Es ist CERViert
Ein wichtiges Stück Chevrolet-Geschichte kommt beim Auktionshaus RM Auctions im kalifornischen Monterey unter den Hammer: der Chevrolet CERV I von 1960. Was aber macht den Renner so besonders?
In der Pressemitteilung hieß es damals, das „Chevrolet Engineering Research Vehicle“, kurz CERV, wäre zur „Erforschung von Fahrwerkscharakteristika unter äußert realistischen Bedingungen.“ Da hatte sich das Marketing ganz schön was einfallen lassen, denn beim CERV handelte es sich um nichts anderes als einen Renn-Monoposto. Daher lag die Vermutung nahe, dass GM-Entwicklungsingenieur Zora Arkus-Duntov noch etwas anderes im Sinn hatte, als er das Projekt initiierte. Und tatsächlich, der CERV sollte vor allem eines - renntauglich sein. Es ist kein Zufall, dass der Wagen punktgenau dem damaligen Reglement von Indianapolis entsprach, denn genau dies war in Duntovs Sinne. Der 1957 von der AMA (Automobile Manufacturers Association) geschlossene Verzicht auf Werksrennsport - der bei General Motors Gesetz war - stand dem eigentlich im Wege. Duntovs Trick war es den Rennwagen dem Vorstand als Entwicklungsträger zu verkaufen.
Chevrolet mit Mittelmotor
Nach Problemen mit der Corvette SS suchte er nach Verbesserungspotential für zukünftige Corvette-Generationen. Schon früh entschied sich Duntov für die Mittelmotoranordnung, durch die das Fahrverhalten wesentlich verbessert werden konnte. Mit dem nur 4,37 langen CERV hoffte er auch den Vorstand von seiner Mittelmotoridee überzeugen zu können. Spielwiese für den Renner sollten das Bergrennen am Pikes Peak und die Indianapolis 500 sein, beides seinerzeit äußerst publikumswirksame Veranstaltungen.
Leichtmetall-V8 mit Einspritzung
Das Team um Duntov und seine beiden Ingenieure Harold Krieger und Walt Zetya hatte ein wirklich außergewöhnliches Fahrzeug geschaffen: Über dem Rahmen aus Chrom-Molybdänstahl zog sich eine knappe Karosserie aus Fiberglas. Als Antriebsquelle bekam der CERV zunächst einen niedriggewichtigen 4,6-Liter-Motor (283 cid) aus einem siliziumreichen Leichtmetall, so dass keine Zylinderlaufbuchsen notwendig waren. Köpfe, Wasserpumpengehäuse, Schwungrad, Kupplungsaufnahme und Anlassergehäuse bestanden aus Aluminium. Spezielle Ansaugbrücken aus Magnesium halfen mit, die Leistung des Einspritzers auf 353 PS zu steigern. Als Getriebe wählte man ein relativ seriennahes Viergang-Getriebe. Das fertige Fahrzeug wog gerade einmal 655 Kilogramm.
Versuchslabor für Motoren
Im September 1960 startete der Wagen tatsächlich am Pikes Peak, offenbarte sich jedoch als nicht wirklich geeignet für Bergrennen. Die Rundstreckentest fielen schon positiver aus: Auf der Rennstrecke von Riverside testeten neben Arkus-Duntov auch Rennlegenden wie Dan Gurney und Stirling Moss den CERV und bescheinigten ihm eine hohe Renntauglichkeit. Zu einem echten Renneinsatz kam es hingegen nie. Doch als Versuchsträger hatte CERV noch längst nicht ausgedient. Zig verschiedene Motorenentwicklungen testete die GM-Mannschaft noch mit dem Prototypen. Zuletzt sogar ein turbogeladenes 6,2-Liter-Triebwerk mit 500 PS.
Doch noch überlebt
1963 stand der Nachfolger des CERV I schon in den Startlöchern, so dass ihm das gleiche Schicksal drohte wie den meisten anderen GM-Testfahrzeugen: Im Schredder zu landen. Duntov jedoch setzte sich für den Erhalt des Wagens ein und so landete er in seiner finalen 1964er Shinoda-Konfiguration in einem Automobilmuseum. Nachdem er über die Jahrzehnte noch einen weiteren Besitzer hatte, steht er nun ab dem 14. August bei RM Auctions zur Auktion. Der Schätzpreis liegt bei 1,3 bis 2 Millionen Euro. Wer also ein Stück Chevrolet-Geschichte besitzen möchte, sollte sich beeilen. Und tiefe Taschen haben…