Von der Tiermedizin auf die Rallyepiste
- 15. Juli 2024
- Annette Johann
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Rosqvists größter Erfolg: Ihr Sieg im Großen Straßenpreis von Argentinien 1962 mit Mercedes-Benz 220 SE „Heckflosse“ Renntourenwagen
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Ewy Rosqvist, Mercedes-Benz Rallyefahrerin von 1962 bis 1964 mit Mercedes-Benz 220 SE „Heckflosse“ Renntourenwagen
Die schwedische Rennfahrerin Ewy Rosqvist ist am 4. Juli 2024 im Alter von 94 Jahren gestorben. Geboren wird sie am 3. August 1929 als Ewy Jensson in Stora Herrestad bei Ystad in Südschweden. Ihre Eltern bewirtschaften einen Bauernhof, Ewy ist unter den fünf Kindern das einzige Mädchen. Nach der Landwirtschaftsschule inklusive Ausbildung in Großviehhaltung studiert sie zwei Semester Tiermedizin und qualifiziert sich als Veterinärassistentin. Bald betreut sie in dem Beruf ein großes Gebiet mit weit verstreut liegenden Höfen. Ihr Vater kauft ihr dafür einen Mercedes 170 S (W 136), mit dem sie jeden Tag bis zu 200 Kilometer auf engen Naturstraßen unterwegs ist, dabei immer bessere Zeiten erreicht und schon als junge Frau ihre fahrerischen Reflexe schärft. In ihrer Autobiografie „Fahrt durch die Hölle“ schildert sie diese Zeit so: „Nach zwei Jahren fuhr ich bereits so gut, dass ich abends trotz all meiner Unterbrechungen in den Höfen meist anderthalb bis zwei Stunden eher ‚herum‘ war als meine Kolleginnen.“
Mercedes-Benz-Fahrer/innen mit der legendären 230 SL „Rallye-Pagode“ der Rallye Spa–Sofia–Lüttich vom 25. bis 29. August 1964. Von links nach rechts: Martin Braungart, Dieter Glemser, Alfred Kling, Ewy Rosqvist, Manfred Schiek, Eugen Böhringer, Rolf Kreder und Klaus Kaiser
Die Heirat mit dem motorsportbegeisterten Ingenieur Yngve Rosqvist im Jahr 1954 bringt die junge Schwedin in Kontakt mit dem Rallyesport: Sie begleitet Ingve 1954 bei der Rallye Mitternachtssonne (Svenska Rallyt till Midnattssolen) und übernimmt dabei erstmals das Steuer: „Auf einigen Zwischenetappen durfte ich fahren, und das hatte mir so viel Spaß gemacht, dass ich beschloss, so bald wie möglich an einer Rallye teilzunehmen“, erinnert sich die Rennfahrerin später. 1956 startet sie dann selbst bei der Rallye Mitternachtssonne. Wenige Jahre darauf trennen sich die Wege von ihr und Ingve.
Das schwedische Damenteam Ewy Rosqvist und Ursula Wirth gewinnt mit dem Mercedes-Benz 220 SE „Heckflosse“ Renntourenwagen mit der Startnummer 711 (W 111) den VI. Großen Straßenpreis von Argentinien (VI Gran Premio Internacional Standard Supermovil YPF) vom 25. Oktober bis 4. November 1962. Das Duo siegt auf Das Duo siegt auf allen sechs Etappen des 4.626 Kilometer langen Rennens und stellt einen neuen Rekord auf
Ewy Rosqvist engagiert sich mit großer Kraft im Rallyesport, gewinnt viermal den Damen-Cup bei der finnischen 1000-Seen-Rallye und die Damenwertung zahlreicher anderer Rallyes in ganz Europa. 1959 erringt sie auf Volvo den europäischen Damen-Cup vor Pat Moss, der Schwester von Stirling Moss. Den Pokal überreicht ihr im Januar 1960 bei der Siegerehrung der Rallye Monte Carlo keine Geringere als Fürstin Gracia Patricia von Monaco. Auch 1960 und 1961 gewinnt Ewy Rosqvist diesen Pokal. Zudem erhält sie 1959 und 1961 den Damenpokal im internationalen Rallyesport (Coupe des Dames).
Ewy Rosqvist (Mitte) und Ursula Wirth (rechts) gewinnen in der 32. Rallye Monte Carlo 1963 den begehrten „Coupe des Dames“ mit einem Rallye-Mercedes-Benz 220 SE „Heckflosse“. Am 28. Januar 1963 überreicht Fürstin Gracia Patricia von Monaco (links) den Pokal
Als private Leidenschaft lässt sich das Rallyeengagement auf Dauer nicht mehr mit ihrem Berufsleben verbinden. So nimmt Ewy Rosqvist 1960 einen Vertrag als Werksfahrerin für Volvo an. Zwei Jahre später holt Mercedes-Benz die erfolgreiche Rallyepilotin zusammen mit ihrer Beifahrerin Ursula Wirth ins Stuttgarter Werksrennteam. Auf Mercedes-Benz 220 SE starten Rosqvist und Wirth erstmals zur viertägigen Svenska Rallyt till Midnattssolen (12. bis 16. Juni 1962) und sichern sich den Damenpokal. Es folgen Platz 6 beim 22. Rajd Polski (2. bis 6. Juni 1962) und Platz 12 bei der Rallye Liège–Sofia–Liège (29. August bis 3. September 1962). Beim „Coupe des Dames“ der Rallye der 1000 Seen (17. bis 19. August 1962), die rund 2000 Kilometer quer durch Finnland führt, steht das Damenteam Rosqvist/Wirth ganz oben auf dem Treppchen, bevor das Duo schließlich auch den Großen Straßenpreis von Argentinien (25. Oktober bis 4. November 1962) gewinnt. Dabei gelingt es Ewy Rosqvist, jede Etappe in Bestzeit zu beenden. Zudem erhöht sie die Durchschnittsgeschwindigkeit gegenüber dem Siegerteam des Vorjahres (Walter Schock und Manfred Schiek ebenfalls auf Mercedes-Benz 220 SE) von 121,234 km/h auf 126,872 km/h.
Das schwedische Damenteam Ewy Rosqvist und Ursula Wirth gewinnt mit dem Mercedes-Benz 220 SE „Heckflosse“ Renntourenwagen mit der Startnummer 711 (W 111) den VI. Großen Straßenpreis von Argentinien (VI Gran Premio Internacional Standard Supermovil YPF) vom 25. Oktober bis 4. November 1962. Das Duo siegt auf Das Duo siegt auf allen sechs Etappen des 4.626 Kilometer langen Rennens und stellt einen neuen Rekord auf
Auch in den folgenden Jahren sichert sich Ewy Rosqvist immer wieder exzellente Positionen bei renommierten Rallyes und Langstreckenrennen. Dazu gehören im Jahr 1963 Platz 16 im Gesamtklassement und der Gewinn des Damenpokals bei der Rallye Monte Carlo, Platz 12 bei der 11. Internationalen Rallye Akropolis, der Klassensieg bis 2.500 Kubikzentimeter beim Sechs-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring (mit Ursula Wirth und Eberhard Mahle) sowie Platz 3 beim Großen Straßenpreis von Argentinien hinter ihren Teamkollegen Eugen Böhringer und Klaus Kaiser sowie Dieter Glemser und Martin Braungart, jeweils auf 300 SE (W 112). 1964 erringt Ewy Rosqvist zusammen mit Eva-Maria Falk den Klassensieg bis 2.500 Kubikzentimeter bei der Rallye Monte Carlo, holt den 5. Platz bei der Internationalen Rallye Akropolis und sichert sich Platz 3 bei der Rallye Spa–Sofia–Liège. Ihre aktive Karriere beendet die schwedische Erfolgspilotin schließlich beim Großen Straßenpreis von Argentinien 1964, den sie mit Eva-Maria Falk auf Platz 3 abschließt.
Die Mercedes-Benz Rallyefahrerinnen Ewy Rosqvist und Ursula Wirth gewinnen in der 32. Rallye Monte Carlo 1963 den begehrten „Coupe des Dames“ mit einem Mercedes-Benz 220 SE „Heckflosse“ Rallyefahrzeug. Hier kurz vor der Zielankunft in Monaco
Im Juni des gleichen Jahres heiratet Ewy Rosqvist den damaligen Direktor der Motorsportaktivitäten von Mercedes-Benz, Baron Alexander von Korff in Stuttgart. Nach dem Tod ihres Mannes im Jahr 1977 lebt Baronin Ewy von Korff-Rosqvist noch einige Jahre in Stuttgart, bevor sie nach Stockholm zurückkehrt. Sie blieb der Marke aber als Markenbotschafterin verbunden.
Ewy Rosqvist, Mercedes-Benz Rallyefahrerin von 1962 bis 1964 mit Mercedes-Benz 220 SE „Heckflosse“ Renntourenwagen
Text: Annette Johann, Red. OLDTIMER MARKT Fotos: Mercedes-Benz