Vor 75 Jahren setzte Rover auf die Schubkraft einer Turbine

Und ich düse im Sauseschritt…

Nach dem Zweiten Weltkrieg herrschte in der britischen Automobilindustrie Aufbruchstimmung – mit teilweise extrem kuriosen Auswüchsen. Am 8. März 1950 präsentierte der britische Premium-Hersteller Rover vor den Kameras der Wochenschauen werbewirksam seine Vision künftiger Antriebstechnik. Der optisch an den Rover P4 („Tantchen“) angelehnte JET1-Zweisitzer wurde – voll im Trend des durchstartenden Düsenzeitalters – von einer Gasturbine auf Touren gebracht. Das Fahrgestell eines Rover P4 bekam eine Roadster-Karosserie übergestülpt, deren Front ebenfalls an das Modell P4 erinnerte. Im Heck war die neue Gasturbine eingebaut, deren Verdichterstufe sich mit 40.000 Umdrehungen drehte. Die Turbinenstufe erreichte rund 26.000 U/min und setzte eine Leistung von maximal 100 PS frei. Hochgeladenes Bild Die Turbine selbst ist zweistufig: ein Verdichterrad komprimiert die angesaugte Luft. der Kraftstoff wird kontinuierlich in eine Brennkammer eingespritzt. Beim Start wird die Flamme elektrisch gezündet, ab einer bestimmten Drehzahl ist der Prozess selbsterhaltend, mit permanent brennender Flamme, ähnlich einer Ölheizung. Die heißen Gase dehnen sich aus und versetzen das erste Turbinenrad in Rotation, das ausschließlich das Verdichterlaufrad antreibt (daher auch Verdichterturbine genannt). Die verbleibende Energie wird in der zweiten Turbinenstufe verwertet, die keine mechanische Verbindung zur ersten Stufe hat, ähnlich einem Drehmomentwandler bei einem automatischen Getriebe. Von der Welle der zweiten Stufe wird dann die Leistung über Zahnräder auf die Kardanwelle weiter zur Hinterachse übertragen (daher auch Leistungsturbine genannt). Hochgeladenes Bild Dieser Rover JET 1 erreichte anno 1950 bis zu 136 km/h. Seine ersten Runden drehte das Rennfahrzeug am 14. März 1950. Der Strahlemann geriet zwar ungeheuer schick und modern, erwies sich jedoch als ein exorbitanter Treibstoffvertilger auf vier Rädern. Etwa 60 Liter Diesel oder Paraffinöl auf 100 Kilometer waren noch ein günstiger Wert – und dies auch nur fernab seiner Höchstgeschwindigkeit. Die Beschleunigung von 0 auf 100 in unter 15 Sekunden war auch nicht gerade rekordverdächtig. Ein weiteres Problem: Da es bei einer Gasturbine, wie beim Turbolader, immer ein „Loch“ vor Einsetzen der Beschleunigung gibt, war dies auch beim JET1 der unangenehme Fall. Kurzum: Die Idee war recht interessant, aber sehr weit von jeden Alltagstauglichkeit entfernt. Und so düste der ungewöhnliche Rover wesentlich schneller von der Bildfläche als er einst erschienen war…