Eine Scott? Kauft man in England!

Spiele ohne Grenzen

Alte Motorräder einfach online zu kaufen, ist nicht mein Ding. Viel lieber lasse ich mich von ihnen finden, gerne auch im Ausland. Es läuft eigentlich immer gleich: mit Menschen vor Ort sprechen, Kontakte an der Hotelbar knüpfen, einheimische Oldtimer-Magazine kaufen. Fremdsprachige Anzeigentexte werden nach meiner Erfahrung von Muttersprachlern gerne übersetzt, auch wenn dann manchmal die Frage „…was will der Depp denn bloß damit?“ in den Gesichtern steht. In den letzten Jahren ist mir in Italien so eine Honda CB 750 zugelaufen und in Schweden eine Suzuki GT750. Beide wunderbar original, nicht billig aber unbedingt preiswert im Wortsinn. die Erfahrung: unbezahlbar!

Irgendwo in Tokyo muss es sie doch geben, die GT-750-Ersatzteile…

Echt wahr! Vor ein paar Jahren habe ich in Tokyo einen Suzuki-GT-750-Fahrer angesprochen und ihn dann bei einem Tee mit Händen, Füßen und Google Translator zum Thema örtliche Wasserbüffel-Ersatzteilquellen interviewt. Unser Gespräch wäre mit „witzig“ nur unzureichend umschrieben, und die Suche nach der Adresse in dieser 13-Millionen-Stadt war allein schon ein echtes Abenteuer. Für den Heimflug musste in der Folge ein zusätzlicher Koffer als Übergepäck deklariert werden. Wer schonmal diese zweitakt-typischen, teil-perforierten Rohre gesehen hat: kann sich denken, was die Sicherheitskontrolle am Narita Airport zu den neuen, blitzeblanken Schalldämpfer Einsätzen gesagt hat. Die sehen schon nach Maschinengewehr aus und mussten vermutlich deshalb nicht verzollt werden…. Als Mitglied des Vintage Motor Cycle Club of England, bekomme ich die monatliche Club- Postille. In der Weihnachtsausgabe war eine 1936er Scott inseriert, mit nur 3 Vorbesitzern und sämtlichen Unterlagen, inklusive originalem factory release sheet. Kurzum: Ich konnte nicht anders – wahrscheinlich auch nicht, weil PRAXIS-Chef Rosenbrock mir ein paar Tage vorher erklärt hat, dass ich als alter Zweitaktfan dringend eine bräuchte. Merke: Es gibt keine Zufälle.

der Scott-Verkäufer, der nix mit einem „German“ zu tun haben wollte

Der Herr, der sich unter der angegebenen Nummer am Telefon meldete, war zu meiner Überraschung überhaupt nicht freundlich – höchst unüblich für einen Engländer – und wollte absolut nix mit einem „German“ zu tun haben. Also habe ich den Leiter des englischen Büros meines Arbeitgebers gebeten, doch nochmal bei dem Gentleman anzurufen und für mich zu bürgen. Siehe da: ein paar Tage später meldete sich Mike, er sei nun „ready to talk“. Der Ausgang der Geschichte war dass, wir handelseinig wurden, und nun wohnt eine wunderbare Flying Squirrel mit dokumentierter Brooklands -Rennvergangenheit neben meinem Enfield Gespann. Ein Regalumbau war nötig, um die Ordner mit Dokumenten, historischen Fotos und technischer Literatur unterzubringen, die es dazu gab. Ein Traum. Aber was wirklich zählte: der hochemotionale Abend bei Mike zuhause – gelebte Völkerverständigung! Der selbst schon sehr betagte Mike erzählte irgendwann von seinem Vater, einem Bomberpilot, der abgeschossen wurde und in Kriegsgefangenschaft geriet. Ich erzählte von meiner Großelterngeneration – alle weiblichen Verwandten kamen bei einem Luftangriff auf Berlin ums Leben. Wie und warum unser Gespräch, das mit dem Thema Motorrad begann (und auch immer wieder darauf zurück kam), diese erstaunliche Wendung nahm? Ich weiß es nicht mehr, kann aber nicht ausschließen, dass der Whisky dabei eine gewisse Rolle spielte. Wir gingen spät und als Freunde auseinander, und daran war unser wunderbares Hobby schuld, das sich auch von düsterer Vergangenheit und depperten BREXIT-Ideen letztlich nicht ausbremsen lässt, obwohl die Scott-Einfuhr in die EU zunächst fast unmöglich schien. Aber das ist eine andere Geschichte...