Renault 5: Der Kleine Freund wird 50
- 10. Januar 2022
- Red. OLDTIMER MARKT
Der kleine Freund: Mit dem pfiffigen R 5 gelang Renault ein Riesenerfolg im Kleinwagensegment
Am Anfang der Geschichte des kleinen Freunds steht die Idee, "bewusst ein kleines Auto zu bauen, nicht die Verkleinerung eines großen", wie der damalige Chefdesigner Renaults es Jahre später einmal formulierte, "ein Auto für die Stadt ebenso wie für die Reise. Ein Auto schließlich, das in der Lage ist, soziale Grenzen zu überschreiten", so Michel Boué weiter. Das klassenlose Automobil ist zu dem Zeitpunkt längst nichts Neues mehr und sein schillerndster Vertreter zweifellos der Mini, der selbst die standesbewusste britische Gesellschaft im Sturm erobert hat.
Franzosen hingegen betrachten Autos eher als Werkzeuge denn Statussymbole. Das zeigt sich schon an der Art des Einparkens, bei der zu kleine Lücken per Vollkontakt auf die erforderliche Länge gebracht werden. Was nur funktioniert, weil es jeder so macht und deshalb auch keiner einen Gang einlegt oder die Handbremse anzieht. Boué veredelt diese Tatsache zur Tugend und verpasst dem R5 als einem der ersten Autos überhaupt großflächige, unlackierte Kunststoff-Stoßfänger, die derlei Rempeleien gelassen wegstecken. Der Kontrast zu den poppigen Farben im Zeitgeist der Siebziger erheben die betongrauen Fiberglas-Prallkörper zum Design-Element.
Der drei- und später auch fünftürig lieferbare R 5 sprach mit Komfort und Variabilität besonders die weibliche Kundschaft an
Eine große Heckklappe mit tiefer Ladekante ist dank des R4 obligat, daneben spendiert der große Bruder auch seine bewährte und äußerst robuste Technik. Das Innere des nur etwa 3,5 Meter kurzen Autos ist von bestechender Schlichtheit, selbst der Rauch französischer Gauloises gleitet an Blech und Kunstleder haltlos ab.
Präsentiert auf dem Genfer Salon 1972, legt der R5 einen Kavalierstart bei den Verkaufszahlen hin – zusätzlich befeuert durch den Schock der ersten Ölkrise. Fast scheint er wie eine blitzschnelle Antwort auf das Schwarzbuch Grenzen des Wachstums, das der Club of Rome im selben Jahr veröffentlicht: Nur knapp sechs Liter nippt er vom teuren Normalbenzin auf 100 Kilometern.
Deutlich höher fällt der Verbrauch beim 1974 an den Start gehenden Renault-5-Pokal aus, und das nicht nur in puncto Sprit. Gleich beim Auftaktrennen in Hockenheim gibt es reichlich Bruch, weil traktionsstarke Slicks die weichen Fahrwerke überfordern. Was wie ein PR-Flop aussieht erweist sich als Coup, der sofort in die Annalen des Rennsports eingeht und im Film Fünferbande auf YouTube wunderbar nacherzählt wird.
1979 lanciert Renault den R5 in etwas verlängerter Version als Fünftürer, zum Modelljahr 1980 erhält der "kleine Freund", wie der R5 hierzulande beworben wird, ein modernes Armaturenbrett und Lenkrad; die charmante Krückstockschaltung ist da schon sechs Jahre Geschichte. 1984 kommt das Aus für die Ur-Version. Sein Nachfolger Supercinq ist optisch wie technisch komplett neu.
Ewig stand der Renault 5 im Schatten seines kultverdächtigen großen Bruders R4. Dass bei Betrachtern lange Zeit einfach kein Oldtimer-Feeling aufkommen wollte, lag zweifellos an der zeitlosen Linienführung und den wuchtigen Kunststoff-Stoßstangen des R5. Dass sein Entwurf so langsam gealtert ist, hätte Michel Boué sicherlich als Auszeichnung empfunden; durch seinen frühen Krebs-Tod 1971 erlebte der Designer den Erfolg des Wagens nicht mehr.
Neues vom Sport: Alpine, Alpine Turbo, Turbo 1... insbesondere die Versionen mit Dampf unter der Haube haben sich längst als hochpreisige Sammlerstücke etabliert. Gut erhaltene Turbo 1 (1981 bis 1982) knacken gar die 100.000-Euro-Marke (laut Classic-Data-Marktwertspiegel, Zustand 1)