Neustart nach dem Krieg
- 12. April 2023
- Red. OLDTIMER MARKT
Die Voraussetzungen für BMW hätten übler kaum sein können: Die Liegenschaften in Eisenach in der sowjetisch besetzten Zone waren verloren, das Stammwerk in München in weiten Teilen zerstört. Und als Lieferant von Flugmotoren für die deutsche Kriegsmaschinerie hatten die Münchner von den Alliierten wenig Nachsicht zu erwarten.
Kurt Donath - der Mann der Stunde Doch Selbstaufgabe war das Ding von Kurt Donath und seinem kleinen Mitarbeiterstab nicht. Der Milbertshofener Werkleiter hatte sich schon Hitlers Befehl der „verbrannten Erde“ widersetzt und die stark beschädigte Fabrik stattdessen den anrückenden Amerikanern übergeben. Als sich die Umstände nach der Kapitulation beruhigten, schuf er mit seinem Team Ordnung und startete umgehend eine Produktion von Aluminium-Kochtöpfen, deren Material aus eingeschmolzenen Flugmotoren bestand.
1946 beauftragte Donath zudem still und leise den freien Konstrukteur Alfred Böning mit der Entwicklung eines Kleinmotorrads unterhalb der von den Alliierten eingeführten und mehrfach erweiterten Hubraum-Obergrenze. Im Frühjahr 1947 klöterte der erste Prototyp des R10 genannten Zweizylinder-Zweitakt-Boxers mit 120 Kubik über das Fabrikgelände. Doch das Aggregat lief rau und hätte noch einiger Weiterentwicklung zur Serienreife bedurft - mit Budgets an Zeit und Geld, die nicht vorhanden waren.
Zurück zu Bewährtem Donath setzte alles auf eine Karte: die berechtigte Hoffnung, dass die Alliierten die Hubraumgrenze weiter anheben würden. Dann ließ er seine Leute ausschwärmen und bei früheren BMW-Händlern nach Komponenten oder auch ganzen Maschinen der Vorkriegs-R23 suchen. Aus diesen Teilen fertigte Böning nach dem System des Reverse Engineering dann technische Zeichnungen an, Basis einer später hoffentlich realisierbaren Produktion.
Im Herbst 1947 stand der erste Prototyp auf den Rädern, wenn auch noch mit hölzerner Tankattrappe und ohne Antriebs-Innereien. Doch Donath konnte was zeigen - vor allem der amerikanischen Militärregierung, die schließlich grünes Licht für den Bau gab. Doch an den war zunächst nicht zu denken. Es fehlte nicht nur an notwendigem Material, im harten Winter 1947/48 breitete sich Hunger aus. Das veranlasste die Alliierten zu größeren Zugeständnissen, um Wirtschaft und Versorgung anzukurbeln. Im März 1948 präsentierte BMW die neue Maschine auf dem Genfer Salon und wenig später auf der Industriemesse in Hannover. Wieder daheim, hatten die Münchner 2500 Vorbestellungen in der Tasche.
Doch was der neuen BMW wirklich Auftrieb verleihen sollte, war der 20. Juni 1948. Mit der Währungsreform füllten sich schlagartig Geschäfte. Elf Monate später lief bereits die 1000. R24 vom Behelfs-Fließband, gegen Jahresende waren es 8144 Stück. Dass sich der bayerische Einzylinder trotz des recht hohen Preises von 1750 Mark gegen die Konkurrenz oft durchsetzte, lag auch an der Weiterentwicklung durch Donath und Böning: Obwohl sie der Vorkriegsversion optisch stark glich, hatte sich im Inneren einiges getan, vom standfesteren und sehr sparsamen Motor bis zum nun viergängigen und besser schaltbaren Getriebe. Hier boten die Konkurrenten von NSU bis Horex oft nur aufgewärmte Vorkriegskost.
Trotz des Erfolgs blieb BMW nicht untätig: Im September 1950 wurde die R24 nach 12.020 Stück von der R25 abgelöst, nun mit geschweißtem Rahmen und Geradwegfederung. Sie sollte die Erfolgsgeschichte der Einzylinder weiterschreiben...