Neue Ära der Bosch-Einspritzung
- 11. September 2023
- Red. OLDTIMER PRAXIS
Ein Blick unter die Haube, und schnell wird klar, mit welcher Bosch-Einspritzung man es zu tun hat: Entweder offenbart der markante Mengenteiler mit dem typischen Einspritzleitungs-Geschlängel die mechanisch gesteuerte K-Jetronic. Oder es ist der charakteristische Luftmengenmesser, der die elektronisch gesteuerte L-Jetronic verrät.
Beispiel einer K-Jetronic eines Audi 200 (Typ 44) Bosch L-Jetronic im Opel Manta GTE von 1973
Im Herbst 1973 sind beide Saugrohr-Einspritzsysteme erstmals zeitgleich in Produktion. Wobei es hier wie da weniger um Höchstleistung geht. Vielmehr stehen Verbrauchssenkung und vor allem besseres Abgasverhalten im Vordergrund. Speziell Bosch-Partner Porsche hat ein Interesse daran, den Bestseller 911 auch zukünftig an den Kundenstamm in den USA ausliefern zu können – und sieht aufgrund der dortigen Abgas-Restriktionen (Stichwort „Clean Air Act“) Handlungsbedarf.
Opel Manta GT/E auf der internationalen Automobil Ausstellung IAA im Jahr 1973 Porsche 911 Coupe von 1973 mit Bosch K-Jetronic
Der kostspielige „Luxus“, gleich zwei zukunftsträchtige neue Systeme zu entwickeln, ergibt sich für Bosch auch daraus, dass etliche Hersteller höchst skeptisch sind gegenüber der elektronisch gesteuerten Benzineinspritzung, die Bosch in Gestalt der als diffizil geltenden, druckgesteuerten D-Jetronic bereits seit 1967 anbietet. Demzufolge haben sich unter den Stuttgarter Technikern zwei interne Fraktionen gebildet, die unterschiedliche Ansätze verfolgen. Parallel zum verbesserten elektronischen Nachfolgesystem der D-Jetronic, das als Luftmengen-gesteuerte L-Jetronic vom Stapel läuft, konzentrieren sich die glühenden Verfechter mechanischer Einspritzanlagen auf jene Neukonstruktion, die als K-Jetronic (mit kontinuierlicher Kraftstoffzumessung) bekannt wird. Nicht zufällig leisten hier ab und an auch Techniker aus Zuffenhausen Schützenhilfe – ist Porsche doch der weltweit erste Hersteller, der diese Einspritzung ins Programm holt.
Porsche 911T von 1973 in US-Spezifikation
Während die L-Jetronic erstmals von Opel im Manta GT/E eingesetzt wird, der auf der Frankfurter IAA im Herbst 1973 debütiert, kommt die K-Jetronic ab Mitte 1973 zunächst nur in den US-Versionen des Porsche 911 T zum Einsatz. Zum Modelljahr 1974 findet sie dann durchgängig Verwendung. Darüber hinaus passt das System jedoch auch prima zur Philosophie aufstrebender Marken wie etwa Audi, deren neuer Fünfzylinder 1976 im Audi 100 (C2) mit der K-Jetronic für Furore sorgt. Im selben Jahr holt auch VW das System in sein Motorenprogramm – und entwickelt mit dem Golf GTI ein echtes Erfolgsmodell…
Bosch K-Jetronic im Golf GTI
Etablierten Herstellern wie Mercedes spielt die K-Jetronic ebenso in die Karten. Wobei die Marke mit dem Stern Mitte der Siebziger ausgerechnet jene prestigeträchtigen Motoren damit ausrüstet, die zuvor mit der D-Jetronic liefen. Konkurrent BMW dagegen geht den anderen Weg: Die Elektronik-affinen Münchner satteln 1975 beim M30-Sechszylinder der großen E3 direkt auf die L-Jetronic um, nachdem auch hier zuvor die D-Jetronic verbaut war.
L-Jetronic im BMW E3 von 1975
Nochmals verschärfte Emissionsgrenzen, speziell im Vorreiterland USA, bringen die K-Jetronic mit ihren recht komplexen, rein mechanischen Komponenten in punkto Abgaswerte bald an den Rand der Leistungsfähigkeit. Ende der Siebziger jedenfalls zeichnet sich ab, dass zukünftig geregelte Katalysatoren in Kombination mit (seit 1976 ebenfalls von Bosch lieferbaren) Lambdasonden zur Emissionssenkung zwingend erforderlich sein würden. Wozu der Einsatz zusätzlicher elektronischer Steuerungssysteme unabdingbar ist. Dazu bietet die prinzipiell einfach (und günstig) aufgebaute L-Jetronic mit ihrer bereits ins Steuergerät integrierten Lambda-Regelung von Vornherein klare Vorteile. Allerdings gelingt auch den Stuttgarter K-Jetronic-Jüngern noch einmal ein Coup, indem sie strengeren Abgas-Anforderungen mit einer optimierten, ebenfalls mit Steuergerät ausgerüsteter Ausbaustufe ein Schnippchen schlagen. Die KE-Jetronic ist so für eine Weile wieder auf Augenhöhe. Die Elektronik macht jedoch rasende Fortschritte, vor allem in der Halbleitertechnik. Und so hat die L-Jetronic erneut die Nase vorn, als erstmals Steuergeräte mit digitaler statt analoger Datenverarbeitung verfügbar sind. Eine Weiterentwicklung, welche Bosch wiederum wesentlich vorantreibt: Und zwar bei der neuen Motronic, deren Einspritzbausteine im Prinzip der L-Jetronic entsprechen. Nach deren Debüt 1979 (im BMW 732i) sind zwar sowohl L- und K(E)-Jetronic noch durchaus up to date. Mit der integrierten Steuerung von Einspritzung und Zündung in nur einem Steuergerät gehört der Motronic jedoch fortan eindeutig die Zukunft. Dass wissen im Übrigen auch die Porsche-Ingenieure – die ihren 911er 1984 auf die Motronic umrüsten.
Porsche 911 mit Bosch Motronic
Immer strengere europäischen Euro-Abgasnormen ab 1992 sorgen schließlich dafür, dass Bosch die einst wegweisenden älteren Systeme bis zur Jahrtausendwende endgültig vom Markt nimmt.