Millionär aus Harz und Wolle
- 20. November 2023
- Red. OLDTIMER MARKT
Die „Renn-Pappe“ feiert ein rundes Jubiläum: Am 22. November des Jahres 1973 wird im VEB Sachsenring Automobilwerke Zwickau der einmillionste Trabant fertiggestellt – und noch weitere zwei Millionen Exemplare folgen. Fast genau 15 Jahre zuvor, am 7. November 1958 haben die ersten Serienfahrzeuge des „Ur-Trabis“ P50 die sächsischen Werkshallen verlassen. Die Bezeichnung P 50 steht für Personenkraftwagen mit 500 Kubik Hubraum. Der P50-„Trabi“ gehörte zu den wenigen Fünfziger-Jahre-Pkw mit Frontantrieb und quer eingebautem Motor neben dem Getriebe. Angetrieben wird der markante Kleinwagen von einem 18 PS strken Zweitaktmotor, die Leistung wird jedoch bereits 1959 auf 20 PS angehoben. 1963 erscheint schließlich der Typ P 60, der über einen 600-Kubik-Motor verfügt – jetzt mit der geballten Power von 23 Pferdestärken! Der P 60 liefert 1964 auch die Basis für den neuen Typ 601, der – optisch nahezu unverändert – noch bis 1991 hergestellt wird.
Charakteristisch für den Trabi sind aber nicht das typische „Räng-däng-däng“ des bis 1989 verbauten Zweitaktmotors und seine unverwechselbare Form. Ähnlich wie beim „Leukoplastbomber“ Lloyd 300, besteht nämlich nur das tragende Skelett der Karosserie aus Stahl, während die Karosserieteile beim Trabant aus einem Duroplast gefertigt sind. Einer Kunststoffart, der in der Folge mit Baumwollfasern versetzt und anschließend ausgehärtet und gepresst wurde, und der dem „Trabi“ übrigens auch die in der DDR gängige Bezeichnung „Renn-Pappe“ einbringt. Im westlichen Ausland ist der „Trabi“ im Grunde erst ab 1989/90 zu sehen, da er zur Zeit des „Eisernen Vorhangs“ lediglich in die Beneluxländer, Skandinavien und Griechenland exportiert wird, wobei sich auch in diesen Ländern die Verkaufszahlen in einem äußerst überschaubaren Rahmen halten. Ein Hauptgrund hierfür dürfte die aus politischen Gründen ausbleibende konsequente Weiterentwicklung des Trabant sein, die dafür sorgt, dass er auf westlichen Automobilmärkten ab den Siebziger Jahren immer weniger konkurrenzfähig ist. Größere Exportkapazitäten sind jedoch ohnehin nicht vorhanden, da das Werk in Zwickau noch nicht einmal in der Lage ist, die Binnennachfrage innerhalb der DDR zu stillen. So kommt es, dass die jahrelangen Wartezeiten beim Kauf eines Neuwagens heute fast ebenso legendär sind, wie das Auto selbst...