Made in Norddeutschland
- 02. Juli 2025
- Jan Skibinski
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Vermutlich aus den 1860er Jahren: Kolorierte Lithographie der Eisen-Giesserey und Maschinenfabrik Georg Egestorff an der Göttinger Straße in Linden
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1938er Hanomag Sturm Typ23Kl Cabriolet mit Karosserie von Glaeser. Prospektzeichnung Glaeser Cabriolets
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Hanomag 4/18 PS
Georg Egestorff war wohl kein armes Kind. Er kam 1802 in Linden, als Sohn von Johann Egestorff zur Welt. Dieser war durch die Produktionen von Kalksteinen zu Geld gekommen und gilt als einer der ersten modernen Unternehmer im Raum Hannover. Nach seiner Lehre wurde Georg in den väterlichen Betrieb geholt, an dem es bis dahin gänzlich an Buchführung fehlte. Unter der kaufmännischen Hilfe blühte das Unternehmen auf und ging nach dem Tod des Vaters in den Besitz von Georg Egestorff über.
1835 gründete der gut situierte Egestorff die Eisen-Giesserey und Maschinenfabrik Georg Egestorff in Linden (heute Stadtteil von Hannover). Die aufkommende Industrialisierung in Deutschland versprach gute Geschäfte und so begann die noch junge Firma mit dem Bau von Dampfmaschinen, Kesseln und Maschinen für industrielle Zwecke. Passenderweise ging im gleichen Jahr die erste dampfbetriebene Eisenbahnstrecke von Nürnberg nach Fürth in Betrieb und rund zahn Jahre später begann auch Egestorff in Hannover mit der Fertigung von Dampflokomotiven. Georg Egestorff starb ohne überlebende männliche Nachkommen. Der Besitz wurde zunächst durch seinen Schwiegersohn und kaufmännischen Direktor Alfred Houget zusammengehalten. Die Maschinenfabrik wurde 1868 an Bethel Henry Strousberg veräußert, der den Zeitgenossen als „europäischer Eisenbahnkönig“ galt, und von diesem bedeutend ausgebaut. Strousberg richtete das Unternehmen stärker in Richtung der Eisenbahn aus. 1871 wandelte dieser es, zusammen mit den übrigen Unternehmungen Egestorffs, in die Hannoversche Maschinenbau-Aktiengesellschaft vormals Georg Egestorff zu Linden vor Hannover um.
Zum Beginn des 20. Jahrhunderts war HANOMAG ein wichtiges Unternehmen im deutschen Reich, wenn auch nicht so einflussreich wie Krupp, oder Siemens & Halske in Berlin. Ab den 1920er Jahren begann die Fahrzeugfertigung in den Hannoveraner-Werkshallen – am bekanntesten ist dabei wohl der „Komissbrot“ genannte Hanomag 2/20 PS. Gleichzeitig lancierten die Firma die Schlepperfertigung und stieg später auch in die Fertigung von Nutzfahrzeugen ein. Während der Nazi-Zeit profitierte HANOMAG maßgeblich von den Rüstungsbemühungen des Krieg-treibenden Regimes, und richtete seine Fertigungspalette stark darauf aus. Die Beschäftigtenzahl stieg in dieser Zeit von 2500 auf 10.000, tausende von Zwangsarbeiter mussten an den Bändern buckeln.
Trotz großer Zerstörungen läuft die Produktion bereits im Juni 1945 wieder an. Mit der Traktorenproduktion nach dem Krieg beginnen die Boom-Jahre bei Hanomag, auch Lastwagen und Baumaschinen gehörten wieder zum Portfolio. 1952 übernimmt Rheinstahl Hanomag. Die Firma zog Devisen aus der Firma und verschleppte nötige Investitionen und langsam bahnte sich der Niedergang an. 1971 wurde mit der Traktorenproduktion das Herzstück der Firma eingestampft, kurz danach die Lastwagenfertigung mit Henschel aus Kassel zusammengelegt. 1980 übernimmt Horst-Dieter Esch das Unternehmen. Dieser hatte in den USA Geld verdient und galt als Wirtschaftswunder-Knabe. Er plante, Hanomag zum Herzstück seiner „Internationalen Baumaschinen Holding“ zu machen, kurz IBH. Er will das größte Baumaschinen Imperium der Welt schaffen – allerdings ohne Geld. Er kauft marode Unternehmen und finanziert alles mit Krediten und staatlichen Bürgschaften. Dafür verspricht er einen Evergreen – den Erhalt der Arbeitsplätze. Doch stockende Konjunktur und schlechte Absatzzahlen verhagelten ihm das Geschäft. Mit Scheinaufträgen und gefälschten Rechnungen versucht er die Pleite aufzuhalten.1983 fliegt das Ganze auf, die IBH ist insolvent. 1984 wird Hanomag einfach dichtgemacht.