Kleine Flitzer, großer Sport
- 24. Juni 2025
- Jan Skibinski
Als der Renault-elf-Pokal 1974 seine Premiere feierte, ahnte kaum jemand, dass sich daraus einer der erfolgreichsten Markenpokale Europas entwickeln, und er zur Blaupause für viele Weitere werden würde. Was als clevere Motorsport-Marketingidee des französischen Herstellers begann, wurde in den folgenden Jahrzehnten zum Sprungbrett für Rennfahrerkarrieren und zum Zuschauermagnet auf nationalen und internationalen Rennstrecken. Vor allem aber bot er etwas, das bis heute im Motorsport rar ist: bezahlbaren, packenden Rennsport mit echtem Unterhaltungswert.
Die Idee war einfach, aber genial: Einheitliche Fahrzeuge (der damals neue Renault R5), günstige Einstiegskosten und der Fokus auf fahrerisches Können statt technischer Überlegenheit und eben die Möglichkeit, auch für Rennsport-Neulinge einen preiswerten Einstieg in den großen Rennzirkus zu finden. Renault stellte den kompakten R5 in einer speziell vorbereiteten Cup-Version zur Verfügung – mit Überrollkäfig, Rennsitz und etwas mehr Leistung, aber grundsätzlich seriennah. So entstand ein Wettbewerb, bei dem Amateure, Nachwuchsfahrer und gelegentlich auch bekannte Profis auf Augenhöhe gegeneinander antraten.
Für Größen wie Christian Danner und Harald Grohs wurde der R5-Cup zum Sprungbrett. Auch der damals als Rallyekönig gehandelte Walter Röhrl, nahm als Gaststarter an einem Cup-Rennen teil – allerdings unter kuriosen Vorzeichen. Aufgrund organisatorischer Probleme (er hatte einfach verpasst, sich in der Startaufstellung einzureihen) ging er als Letzter ins Rennen. Mit einer ZDF-Kamera auf dem Beifahrersitz pflügte er durchs Feld und wurde am Ende Siebter.
Das erste Rennen des Renault 5 Cups verlief besonders spektakulär – und lehrreich – und bedeutete bereits wieder fast das Ende der Serie. Gefahren wurde im Rahmen des Formel-1-Rennens am Hockenheimring. Die Fahrzeuge hatten für das erste Rennen Slick-Reifen montiert und waren mit nahezu serienmäßiger Fahrwerksgeometrie unterwegs; für viele der teils unerfahrenen Teilnehmer schwer zu beherrschen. Zahlreiche Autos kippten in den Kurven einfach um – nicht wegen mangelndem Grip, sondern weil die Reifen zu viel Grip boten. So wurde das Debüt regelrecht zum Slalom aus Blech und Plastikstoßfängern – sehr zum Ärger der Renault-Chefs, die den guten Ruf ihres neuen Autos in Gefahr sahen. Das zweite Rennen sollte auf dem Nürburgring stattfinden, was angesichts der vielen Unfälle des Debutrennens sowohl den Organisatoren und auch vielen Fahrern als zu heiß erschien und deshalb ausfiel. Als nächstes stand das Flugplatzrennen in Mainz-Finthen auf dem Programm. Dem massenhaften Umkippen der Fahrzeuge begegneten die Regelmacher mit Gürtel-Sportreifen, wodurch die Fahrzeuge zwar immer noch schlitterten, aber eben nicht mehr in jeder Kurve umzufallen drohten. Durch die vielen Zweikämpfe im dicht gedrängten Starterfeld, avancierten die Cup-Rennen im späteren Verlauf der Serie zum Lieblingsspektakel der Zuschauer.
Den Gesamtsieg der ersten Saison holte sich Wolfgang Schütz. Er war von 1974 bis 1990 im Renault-elf-Pokal und seinen Nachfolgeveranstaltungen aktiv
Der Reiz des R5 Cups lag gerade in dieser Mischung: technisch kontrolliert, aber fahrerisch anspruchsvoll. Die Fahrzeuge hatten rund 100 PS, überholen war schwierig, Fehler wurden sofort bestraft. Wer hier vorne mitfahren wollte, musste neben fahrerischem Können auch oft in die Trickkiste greifen: So wurde heimlich getunt, was das Zeug hielt, für Reparaturen im Fahrerlager wurden die Autos häufig einfach auf die Seite gelegt.
Der Cup wurde ein Publikumsmagnet. Die engen Rennen, das Markentreue-Feeling und die Mischung aus Profis und Privatfahrern boten beste Unterhaltung. Renault verstand es, das Format zu pflegen und weiterzuentwickeln: Aus dem R5 Cup wurde später der Renault 5 GT Turbo Cup – womit erneut Dämme gebrochen wurden, denn der R5-Turbo war im Gegensatz zur Urversion bereits ein sehr schnelles Auto. schließlich der Renault Clio Cup – der bis heute in mehreren Ländern erfolgreich gefahren wird. Nicht wenige heutige Rennfahrer, auch aus der DTM oder dem Langstreckenbereich, machten hier ihre ersten Schritte im Tourenwagen. Seit Januar 2025 ist gibt es von Renault einen neuen R5, vielleicht wäre es an der Zeit für die Wiederbelebung des einstigen Publikumsmagneten.