Meilensteine

Kantiger Porsche-Gegner: Der Mitsubishi Starion wird 40

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Mit dem Starion gelang dem japanischen Autohersteller Mitsubishi der Vorstoß in die Welt der sportlichen Kompakt-Coupés. Dank Turboaufladung ein ziemlich flotter Vorstoß! Jetzt wird der kantige Exot 40 Jahre alt

Zwei Türen weniger, dafür ein Fließheck und ein bisschen Retusche im Detail – und natürlich auch irgendwie mehr Leistung: Stimmt, Das Achtziger-Jahre-Rezept zur Verwandlung einer Großserien-Limousine in ein ebensolches Coupé mutet in Zeiten bis ins kleinste Detail durchkonstruierter Neuwagen rustikal an.
Weitab jeden Strebens nach öder Perfektion hat es einen erheblichen Reiz, wenn statt Steuergeräten und Fahrassistenz-Programmen noch beide Pobacken Infos sammeln und direkte Reflexe des Fahrers auslösen. Mit dem Mitsubishi Starion feiert ein mittlerweile nahezu vollständig aus der kollektiven Erinnerung gefallener Vertreter dieser Klasse bodenständiger Sportler seinen 40. Geburtstag.

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Für OLDTIMER PRAXIS haben wir 2019 gleich zwei dieser Coupés ausfindig gemacht. Was schätzungsweise 3,3 Prozent aller laut KBA bekannten Exemplare (Stand Januar 2014: insgesamt 60) in Deutschland entspricht. Wobei die Tendenz klar ist: noch immer sinkend. Da besonders sportliche Autos eher überleben, als ihre pragmatischen Geschwister, wundert es umso mehr, dass eine mittlere zweistellige Zahl alles sein soll, was von einst rund 3300 nach Deutschland exportierten Autos übriggeblieben ist! Der Bestand wurde sicherlich durch Rost und nachlässige Pflege dezimiert. Dem Starion-Experten Dirk Henning fiel sein erstes Exemplar einem Unfall zum Opfer. Dennoch ist er dem kantigen Turbo-Coupé verfallen geblieben: ihm gehört einer der Wagen aus der oben genannten Geschichte und er betreibt eine feine Webseite zum Thema.

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Nicht auszuschließen, dass andere Exemplare ein ebensolches Schicksal wie Hennings verunfalltem Erstling ereilte: Denn das modische Coupé war ein direkter Ableger des Mitsubishi-Turbo-Erstlings namens Lancer EX 2000 Turbo, und bei seinem Debüt 1982 war er leistungstechnisch eine Waffe. Allerdings eine unscheinbare, die die meisten erschwinglichen Sportcoupés druckvoll wegpustete.

Der Reihenvierzylinder mit zwei Ausgleichswellen leistete dank Ladedruck anfangs 170 PS aus zwei Litern Hubraum! Plötzlich wilderte ein japanisches Coupé im Porsche-Revier – und das für 32.500 Mark. Der ähnliche Porsche 924 Turbo kostete fast 10.000 Mark mehr. Der hatte anno 1982 zwar sieben PS mehr, doch das half ihm nix. Der Starion sprintete in 7,6 Sekunden von null auf 100 km/h, der 924 Turbo musste sich mit 7,7 denkbar knapp geschlagen geben... Selbst der viel teurere 911 SC mit 204 PS war nur 0,8 Sekunden schneller – aber in der Spitze nicht viel flotter. 235 km/h schafft der Elfer, beachtliche 220 km/h der Starion. Ein verkannter Porsche-Jäger also, womit klar ist, warum so wenige Exemplare überlebt haben: Für viele Fahrer waren sie zu schnell und die Charakteristik zu stürmisch. Wenn der Turbolader in guter alter Manier ab 3500 Umdrehungen den Starion mit seinem Hinterradantrieb und seinem leichten Heck anschiebt, mutiert das 1245-Kilo-Coupé zum Kamikaze-Flieger. Zwischen 1985 und 1987 spendierte Mitsubishi obendrein noch einen Ladeluftkühler, was die Leistung um weitere zehn PS anwachsen ließ. Ausgerechnet mit der letzten Ausbaustufe – dem Starion Widebody – erkennbar an den Verbreiterungen im Stil von Audi quattro oder Porsche 944, sank der Wert auf 155 PS. Dafür wuchs der Hubraum auf 2,6 Liter – vergleichbar mit dem Basis-944er mit 2,5 Litern und 163 PS.

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Auf jeden Fall bringt der Viersitzer ungeheuren Spaß bei gleichzeitig hoher Alltagstauglichkeit durch die große Heckklappe, leichte Servolenkung und die umklappbaren Rücksitze. Das Schaltgetriebe mit langem Schathebel und eine steilere Frontscheibe gepaart mit guter Rundumsicht machen das Fahren übersichtlich und komfortabel. Und bis auf den erwähnten Rost gibt sich der Starion eigentlich pflegeleicht, lediglich ein erhöhter Zündkerzenverschleiß aufgrund einer bekannten Schwachstelle ist eine häufige Macke.

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Stern des Orion?

Bleibt noch die Frage, ob die oft erzählte Legende über die Herkunft des Fahrzeugnamens stimmt. Auch unser Besserwisser vom Dienst, Wolfgang Blaube, ging der Frage in OLDTIMER MARKT 1/2018 bereits nach: Basiert der Modellname auf einem Missverständnis, weil die japanische Konzernzentrale das englische Wort Stallion, zu deutsch Hengst, in der landestypischen Aussprache an die Marketingabteilung gefunkt hat? Das könnte leicht als das Fantasiewort "Starion" verstanden werden, wie ein Werbespot in japanischer Sprache belegt. D er japanische Autobauer hatte damals bereits ein Faible für Fahrzeugnamen mit Pferde-Thematik (zum Beispiel beim Kompaktwagen Colt, deutsch Hengstfohlen). Ein Logo mit Pferdekopf, das kurz im Bild zu sehen ist, legt den Verdacht nahe, dass hier aufgrund der Sprachbarriere aus den beiden "L" ungewollt ein "R" wurde.

Es wäre eine witzige Anekdote, ist aber offenbar falsch. Die Erzählstimme aus dem Werbespot spricht von einem Stern, Star, und dem aus der griechischen Mythologie bekannten Pferd Arion. Es ist also durchaus naheliegend, dass die Japaner ihre Landsleute nicht mit einer für sie unaussprechlichen Modellbezeichnung ärgern wollten und der vermeintliche Fehler einfach nur ein cleveres Wortspiel ist.