Wirtschaft in der krise

KTM: insolvent – aber nicht pleite

Zu Beginn der letzten Novemberwoche gab die KTM-Mutter Pierer Mobility AG bekannt, was von Branchenkennern erwartet worden war: einen Antrag auf ein Sanierungsverfahren in Eigenverantwortung der KTM AG. Zwar sei KTM keineswegs zahlungsunfähig, betonte das Unternehmen, allerdings drohe die vorzeitige Rückzahlung von Verbindlichkeiten in dreistelliger Millionenhöhe. Um diese geregelt zu begleichen, führt Mobility-AG-Chef Stefan Pierer aktuell Gespräche mit seinen indischen Geschäftspartnern der Pierer Bajaj AG, die Kernaktionärin der Mobility AG ist. KTM benötigt einen Überbrückungskredit in dreistelliger Millionenhöhe.

Hochgeladenes Bild Als die 125er Sportmaschine Tarzan 1955 auf den Markt kam, stand das „K“ im Herstellerkürzel bereits für Finanzier Ernst Kronreif

Probleme sind nicht neu

Schon seit längerem knirscht es beim seit 2012 größten europäischen Motorradhersteller, der noch im Vorjahr mit 3,6 Mrd. Euro einen Rekord-Umsatz erwirtschaftete und weltweit über 10.000 Mitarbeiter beschäftigt, rund die Hälfte davon in Österreich. 700 Stellen wurden bereits gestrichen, weitere 300 sollen bis Anfang Januar folgen. Außerdem soll die Fertigung bis Ende Februar ruhen, um die Halde von 100.000 unverkauften Maschinen im Wert von 1,4 Mrd. Euro nicht noch zu vergrößern. Noch keine Aussagen gibt es aus KTM-Kreisen zur Zukunft des kostspieligen MotoGP-Engagements.

Hochgeladenes Bild Nicht zuletzt dank des Amerikaners John Penton gelten KTM wie diese GS 125 im Cross- und Endurosport der Siebziger als das Maß der Dinge

Geschichte von Höhen und Tiefen

Es ist nicht das erste Mal, dass der österreichische Hersteller in schweres Wetter gerät. 1936 öffnete Schlossermeister Hans Trunkenpolz in seinem Heimatort Mattighofen einen Reparaturbetrieb für Lkw, der mit Gesenkschmiede und Gießerei gut ausgestattet war. Als das Auftragsvolumen nach dem Krieg einbrach, gründete der Schlosser daraufhin die Kraftfahrzeuge Trunkenpolz – Mattighofen, kurz KTM, kaufte im nahen Gunskirchen bei Rotax (einem Sachs-Ableger) Motoren ein und fing an, Motorräder zu bauen. Die hochwertig gemachten Maschinen taten sich bald bei Langstreckenfahrten und im Geländesport hervor.

Hochgeladenes Bild Den ersten Viertakter – hier eine KTM GS 500 von 1982 – kauften die Mattighofener noch bei Rotax ein, der eigene LC4-Motor beflügelte das Werk

Zu einem wahren Schub kam es Ende der Sechziger, als der amerikanische Motorradgroßhändler und Geländesport-Fan John Penton auf einen Schlag 1000 Achtelliter-Crossmaschinen in Mattighofen orderte. Als in den folgenden Jahren der Enduro-Boom aus den USA nach Europa schwappte, erkannte Trunkenpolz die Zeichen der Zeit und verbaute ab den frühen Achtzigern erstmals Rotax-Viertaktmotoren anstelle der giftigen und fragilen Zweitakter.

Hochgeladenes Bild Mit dem frech gestylten Super Moto Duke kehrte KTM auf die Straße zurück – und landete einen Bestseller

1987 folgte der erste, selbst entwickelte Viertakter in Form der LC4, der dem Hersteller einen beispiellosen Höhenflug bescherte und zum Serien-Sieger bei der prestigeträchtigen Rallye Dakar avancierte. Mit dem LC4-befeuerten Super Moto Duke kehrte KTM zudem auf die Straße zurück.

Hochgeladenes Bild Mit dem robusten und sparsamen LC4-Motor und seiner Fahrwerks-Kompetenz stieg KTM zum Seriensieger bei der Rallye Dakar auf

Dennoch gerät Gründer-Sohn Erich Trunkenpolz mit seinem Unternehmen ins Trudeln und muss es 1988 verkaufen. Nach einem Konkurs 1992 und der Abspaltung des Fahrrad- und Kühlerbaus führt seitdem Stefan Pierer den Hersteller – und das bis vor kurzem sehr erfolgreich.