Junger Gebrauchter mit H
- 14. März 2023
- Red. OLDTIMER MARKT
-
Wer im Inneren exaltiertes Traumwagendesign erwartete, wurde von den nüchternen Schwaben bewusst enttäuscht. Im Gegensatz dazu gab es ein sorgfältig verarbeitetes Interieur ohne jedwede Ablenkungsmöglichkeit
-
Wie viele Jahrzehnte wird es noch dauern, bis andere Verkehrsteilnehmer den zeitlosen 993 als Oldtimer wahrnehmen?
-
Tony Hatter war der erste Porsche-Designer, der sich traute, gemäß dem Diktat des Windkanals, die Scheinwerfer flach zu legen
-
Der 3,6-Liter-Boxer wurde nicht bloß aus dem 964 übernommen, sondern tiefgreifend neu konstruiert
Jede Wette: Noch nie wurde einem Porsche-993-Fahrer auf einem Supermarktparkplatz zu seinem schönen “Oldtimer” gratuliert. Dabei feierte der letzte luftgekühlte 911er vor beinahe 30 Jahren, auf der IAA 1993, Premiere. Designer Tony Hatter hatte unter Chefdesigner Harm Lagaay erstmals seit dem ersten 911 1963 die Scheinwerfer zugunsten eines besseren cw-Wertes in den Fahrtwind geneigt und auch sonst wirkte der 993 - typisch Neunziger - organischer, weicher und runder. Vielleicht auch etwas weniger charakteristisch als seine Vorgänger, aber dafür sieht er immer noch modern aus, von fehlenden LED-Leuchten und seinen zurückhaltenden Alus in 16 Zoll einmal abgesehen.
Technisch war die Mehrlenker-Hinterachse im Vergleich zum Vorgänger 964 komplett neu, der 3,6-Liter-Boxer leistete nun im Carrera 272 statt 250 PS, außerdem war der Ventilspielausgleich von nun an hydraulisch, was die Wartung vereinfachte. Obwohl Porsche Anfang der Neunziger finanziell mit dem Rücken an der Wand stand wie Kim Basinger, wurde der 3,6-Liter nicht einfach aus dem Vorgänger übernommen. Die Kurbelwelle wurde steifer, Kolben und Pleuel leichter, das Getriebe um einen sechsten Gang erweitert und im Zuge dessen die Bedienkräfte um circa 35 Prozent verringert. 270 km/h waren somit bereits mit dem Einstiegsmodell für 125.760 Mark locker und komfortabel drin. auto motor und sport kam bereits vor 30 Jahren nicht drum herum, den neuen Carrera schlicht als “geil” zu bezeichnen.
Das Ende der Fahnenstange bildete 1998 der 993 Turbo S mit luftgekühlten 450-Turbo-PS. Der 993 war in Verbindung mit den von dem gerade einmal 41-jährigen Wendelin Wiedekind initiierten Verschlankungs- und Optimierungsprozessen (die Lager hielten fortan nur noch Ersatzteile für 30 Minuten Produktionszeit anstatt wie zuvor für 28 Tage vorrätig) die Rettung für Porsche. Der Sparkurs schlug erst beim Nachfolger 996 richtig durch, der zwar aufwendig erstmals wassergekühlt war, jedoch nicht nur deshalb an den spirituellen Grundfesten traditioneller 911er-Fahrer rüttelte, sondern diese später mit auffällig vielen Motorschäden in ihrer Skepsis bestätigte.
Dennoch wurde der 996 185.843-mal gebaut, wohingegen der 993 es nur auf 68.839 Exemplare brachte. Als der 993 in Frankfurt am Main präsentiert wurde, war der Porsche 911 gerade einmal 30 Jahre alt, nochmal 30 Jahre später will der letzte Luftgekühlte für einen noch nicht wirklich ein Oldtimer sein. Erst recht nicht, weil viele Fans ihn für die beste Baureihe bis heute halten. Ob man mit ihm auf dem Supermarktparkplatz nun angesprochen wird oder nicht.