Irrer Oktober!
- 06. November 2023
- Frank Schobelt
Anfang des Monats sind es zunächst die heißblütigen Tifosi, die bei der Rallye Sanremo einen glatten Dreifach-Triumph der Lancia-Truppe um ihren „Tedesco“ Walter Röhrl bejubeln können. Der Deutsche und der 037, den er noch heute „ein Naturereignis“ nennt, sind zweifellos auf dem Zenit ihres Könnens. Wobei Röhrl am Ende Teamkollege Markku Alén den Vortritt lassen muss. Ein Defekt kommt Walters Sieg in die Quere. Dem Publikum bietet er am Ende dennoch eine unfassbare Aufholjagd: 33:3 Bestzeiten sprechen eine deutliche Sprache!
Nicht wie erwartet läuft es dagegen für die Audi-Truppe, die zuvor Oberwasser hatte und die beiden vorangegangenen WM-Läufe in Argentinien und Finnland mit dem Allrad-Quattro A2 dominierte. Der Finne Hannu Mikkola ist zwar damit bereits auf bestem Weg zum WM-Fahrertitel, steckt aber wie seine ganze Mannschaft eine herbe Schlappe ein. Noch dazu, da der Markentitel damit bereits futsch ist. Denn Lancia holt sich mit dem furiosen Auftritt vorzeitig die Krone! Das letzte herrliche Aufbäumen eines Hecktrieblers in der Gruppe B, bevor die Allrad-Fraktion das Zepter übernimmt, das sie bis heute nicht mehr aus der Hand gegeben hat…
Ganz anders als bei der folgenden, vorletzten Rallye im 1983er WM-Kalender, die Ende Oktober in Westafrika über die Bühne geht. Denn bei der zuvor lange als Bandama-Rallye bekannten, 4600 Kilometer-Hatz über den rauen, roten Schotter der Elfenbeinküste, bei der am Ende von 50 Startern sage und schreibe acht (8!) im Ziel gewertet werden, hat tatsächlich Toyota mit seinem Hecktriebler die Nase vorn!
Die in Köln-Marsdorf angesiedelte Truppe des TTE-Teams (Toyota Team Europe) um Ove Andersson hat mit der kantigen, eher nüchtern wirkenden Celica Twincam Turbo genau das richtige As im Ärmel – und mit dem Schweden Björn Waldegård genau den richtigen Siegfahrer!
Zwar kann Audi-Mann Mikkola immerhin den zweiten Platz rausfahren und sich damit letztlich den Fahrertitel vor Walter Röhrl sichern. Doch mit dem Drittplatzierten Toyota-Mann Per Eklund auf dem Podest stellt das Kölner Team seine Performance bei der Marathon-Rallye beeindruckend unter Beweis!
Dabei hat die Zweiliter-Celica zwar standfeste 400 PS mit Turboaufladung. Aber kein Allrad, kaum Leichtbaumaterialien und auch keine besonders ausgefeilten Extras in puncto Kraftübertragung oder Fahrwerk. Eigentlich ist sie damit chancenlos – aber eben auch unglaublich robust und servicefreundlich. Genau das, was es auf dem heißen Kontinent braucht. Kein Wunder, dass die Celica zur „African Queen“ avanciert: Sechs Starts, sechs Siege – so die Afrika-Bilanz der TTE-Truppe zum Ende der Gruppe B 1986!