Ferrari 250 GTO: Bizzarinis Bester wird 60
- 03. Februar 2022
- Gregor Schulz
Als Enzo Ferrari im Februar 1962 zu einer Pressekonferenz nach Maranello lud, zeigte sich die Journaille vor allem von einem Auto begeistert: dem 250 GTO, der neuen Berlinetta für Gran-Turismo-Rennen. Im Gegensatz zum Formel-Auto, das nahezu unverändert aus dem Vorjahr übernommen worden war (und bei der Titelverteidigung nebenbei bemerkt grandios scheiterte), war der GT-Renner, der die Erfolgsgeschichte des 250 GT fortschreiben sollte, eine Neuentwicklung. An der aerodynamisch ausgeklügelten Karosserie hatte Giotto Bizzarini mitgewirkt, der um die Effizienz des Kamm-Hecks wusste. Kurz nach der Pressevorstellung bekam der Wagen noch einen Heckspoiler verpasst, der für mehr Fahrstabilität bei hohen Geschwindigkeiten sorgte.
Der bewährte Dreiliter-V12 unter der Haube leistete jetzt 300 PS. Um diese Zahl einordnen zu können: Das war die zehnfache Leistung eines VW Käfer von 1960. Auch der Preis war gigantisch: 78.750 Mark zahlte Hermann Cordes aus Verden an der Aller für das einzige, neu in Deutschland verkaufte Exemplar.
Die Geschichte des O
Obwohl das Leichtmetall-Kleid nichts mehr mit dem Vorgänger, der 250 GT Berlinetta mit kurzem Radstand, zu tun hatte, war es Ferrari gelungen, die Sporthoheit davon zu überzeugen, dass der Neue nicht mehr als eine Weiterentwicklung war. Ein geschickter Schachzug, denn sonst hätte der GTO als Prototyp starten müssen. Die Homologation als GT setzte 100 Exemplare voraus, und die wurden vom GTO nie gebaut. Dementsprechend stand das O für omologato – genehmigt oder eben homologiert.
Bis 1964 entstanden 36 Exemplare – plus ein oder zwei mit Vierliter-V12 für die Prototypen-Klasse sowie eine Vierliter-Straßenversion für einen besonders guten Kunden. Auf der Rennstrecke erfüllte der GTO die in ihn gesetzten Erwartungen: Fast immer, wenn er antrat, siegte er. Bis auf ganz wenige Ausnahmen wurden die GTO von privaten Rennställen eingesetzt. Herausragend war der GT-Sieg bei den 24 Stunden von Le Mans 1962, die Franzosen Pierre Noblet und Jean Guichet fuhren obendrein auf den hervorragenden zweiten Platz im Gesamtklassement.
Unmittelbar, nachdem die 250 GTO von den Rennstrecken verschwunden waren, interessierten sich Liebhaber für sie – damals bei gebrauchten Sportwagen keineswegs selbstverständlich. Somit war der GTO einer der ersten Wagen jener Spezies, die meist als Youngtimer bezeichnet wird. Heute gehört der seltene Ferrari zu den teuersten Automobilen überhaupt. Sollten Sie einen unter 40 Million Euro finden, handelt es sich um ein echtes Schnäppchen.