70 Jahre Messerschmitt KR 175

Fast wie Fliegen

70 Jahre Messerschmitt KR 175 Er heißt nicht nur fast wie ein Jagdflugzeug aus dem Zweiten Weltkrieg, er sieht auch ein wenig danach aus – mit dem Kabinenroller KR 175 füllte Messerschmitt 1953 fantasievoll die Flugzeugbau-Verbotszone der Nachkriegszeit

Die Abstammung ist nicht zu übersehen. Die Väter des vor 70 Jahren vorgestellten Kabinenrollers, Fritz Fend und Willy Messerschmitt, standen zu Kriegszeiten noch an den Reißbrettern der Messerschmitt-Flugzeugwerke. Berühmtestes Produkt: die ME 109, legendäres Jagdflugzeug der deutschen Luftwaffe.

Schnittstelle zwischen Motorrad und Automobil

Als nach dem Krieg die Alliierten den Flugzeugbau in Deutschland verboten, suchten Fend und Messerschmitt – ähnlich wie auch Flugbranchen-Kollege Ernst Heinkel in Stuttgart – neue Betätigungsfelder im zivilen Bereich. Und fanden sie in der beginnenden Massenmotorisierung. Die Keinstmobile vom Schlage einer Isetta, eines Kleinschnittger, Fuldamobils, Heinkel oder eben eines Messerschmitt Kabinenrollers bildeten die Vorhut des Kleinwagenbooms, die Schnittstelle zwischen Motorrad und Auto.

Karges Cockpit und zwei spartanische Sitze, wie im Jagdflieger hintereinander angeordnet. Geschaltet wird mit dem Schiebehebel rechts Karges Cockpit und zwei spartanische Sitze, wie im Jagdflieger hintereinander angeordnet. Geschaltet wird mit dem Schiebehebel rechts

Vorreiter der Kleinwagenbooms

Die konstruktive Trilogie aus Flugzeug, Motorrad und Automobil ist in kaum einem Fahrzeug jener Jahre so konsequent ausformuliert wie im KR 175 und auch dem Nachfolger KR 200. Mit der markanten Plexiglas-Kanzel, der schlanken, langgestreckten Silhouette, den beiden hintereinander angeordneten, engen Sitzplätzen, in die man sich mit sportlicher Gelenkigkeit von oben einfädelt muss, sowie dem dreirädrigen Fahrwerk zeigt er tatsächliche einige Luftfahrtanleihen. Auch das deutliche Augenmerk der Erbauer auf Gewichtsersparnis, solide Verarbeitung und hohe Zuverlässigkeit entspringt den früheren Einsatzzwecken der Messerschmitt-Produkte.

Gelenkt wird wie auf einem Motorrad. Für Laien keine ganz einfache Sache

Gar nicht so einfach, den überraschend flinken Kabinenroller mit einer schmalen Lenkstange auf Kurs zu halten Gar nicht so einfach, den überraschend flinken Kabinenroller mit einer schmalen Lenkstange auf Kurs zu halten

Gesteuert wird indessen mittels einer Art Motorradlenkstange. Der zwei Jahre später vorgestellte KR 200 trug sogar einen steuerknüppelartig gebogenen Lenker. Keine ganz einfache Sache im Übrigen, ein Automobil mit einer derartig direkten Lenkung, deren Amplituden aus etwa 90 Grad anstelle mehrerer Lenkradumdrehungen bestehen, sicher auf Kurs zu halten. Geschaltet wird mit einem Schiebehebel rechts an der Seitenwand. Unterm Strich eine ebenso anspruchsvolle wie spaßige Form der Fortbewegung im Kleinstwagenbereich..

Für Vortrieb sorgt ein 175er Zweitakter von Fichtel und Sachs, der Antrieb zum Hinterrad erfolgt wie beim Motorrad via Kette Für Vortrieb sorgt ein 175er Zweitakter von Fichtel und Sachs, der Antrieb zum Hinterrad erfolgt wie beim Motorrad via Kette

Vor dem angetriebenen Einzelrad im Heck sitzt ein 175er Einzylinder-Zweitaktmotor von F & S

Vor dem angetriebenen Einzelrad im Heck sitzt ein neun PS starker, 175er Zweitaktmotor von den Spezialisten Fichtel & Sachs aus Nürnberg. Die einzige Stelle, an der Messerschmitt es sich einfach gemacht und auf ein bewährtes, bereits bestehendes Produkt zurückgriffen hat.

Aufsehenerregende Versteigerungen sorgten für exorbitante Preise

Durch ein paar aufsehenerregende Versteigerungserlöse im sechsstelligen Bereich sind die Messerschmitt-Kabinenroller, die eigentlich eine äußerste Randsparte bedienen, vor ein paar Jahren ins Rampenlicht und damit ins Blickfeld der Szene geraten. Für einen guten KR 175 im Zustand zwei müssen heute rund 27.000 Euro gerechnet werden, Einser-Exemplare können über 40.000 Euro erreichen, Nachfolger KR 200 gar 30.000 beziehungsweise 45.000 Euro!