Der Motoren-Magier
- 11. August 2023
- Dirk Ramackers
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Schon Duckworth‘ Erstlingswerk war vom Start weg erfolgreich. Hier unterwegs im Lotus 18 mit Innes Ireland 1960 in Zandvoort
„Ich hatte noch nie einen Motor konstruiert und schon gar kein Formel-1-Triebwerk. Wahrscheinlich hat es gerade deshalb so gut geklappt“, erzählte Keith Duckworth Ostern 2000 leutselig bei einem Bier. Damals lag der erste Sieg eines Cosworth-Motors genau 40 Jahre zurück. Errungen hatte ihn Jim Clark in Goodwood mit einem Lotus 18. Es war ein Auftakt nach Maß, wie ihn sich die beiden Konstrukteure Mike Costin und Keith Duckworth besser nicht hätten vorstellen können.
Genie in Sachen Verbrennungsmaschine: Keith Duckworth, etwa 1970 Beide hatten zuvor in ihrer Freizeit bei Lotus-Boss Colin Chapman geschraubt, sich und Silben ihrer Nachnamen zusammengetan und mit einem 600-Pfund-Bankdarlehen 1958 Cosworth Engineering gegründet. Dort jazzte Keith Duckworth zum Fixpreis Ford-Anglia-Motoren zu Formel-Junior-Triebwerken hoch, während Mike Costin werktags weiter bei Chapman schraubte, was letztlich zu der engen Bindung zwischen beiden Firmen führte. Chapman wiederum war gut bekannt mit Walter Hayes, dem Presse- und Sportchef der britischen Ford Motor Company.
Doppelter Vierzylinder: Keith Duckworth (2. von links) 1967 mit dem bald dominanten Ford DFV Als dann der bekannteste britische Rennmotorenhersteller Coventry Climax 1965 seinen Rückzug aus dem Rennsport bekannt gab und damit neben Lotus auch nahezu alle Rennteams der Insel ohne Motoren da standen, gelang es Chapman und Hayes, den Ford-Vorstand davon zu überzeugen, diese Lücke mit einem eigenen Rennmotor zu schließen. Und obwohl Keith Duckworth bislang nur Serienmotoren frisiert hatte, stand sein Name ganz oben auf Colin Chapmans Wunschliste der Konstrukteure. Der Ford-Vorstand bewilligte einen Entwicklungsetat von 100.000 Pfund, mit dem Duckworth zunächst ein Formel-2-Triebwerk auf Basis des Cortina-Motors bauen wollte, der später zu einem Dreiliter-Formel-1 -Motor verdoppelt werden konnte. Keith Duckworth: „Wenn man bedenkt, dass es allein eine Million Pfund gekostet hat, dem Cortina im Serienbau einen synchronisierten ersten Gang zu verpassen, waren diese 100.000 Pfund ganz ordentlich angelegt!“
Den ersten Auftritt hatte der DFV 1967 in Zandvoort. Graham Hill (Foto) stellte ihn auf die Pole, das Rennen gewann Jim Clark Die beiden Motoren, die Duckworth dann nahezu allein am Reißbrett entwarf, gingen als FVA (Four Valve, Serie A) und DFV (Double Four Valve) in die Motorsportgeschichte ein. DFV wurde schließlich mit „Duckworth For Victory“ übersetzt, denn nachdem Jim Clark seinen Lotus 49 mit dem Cosworth-V8 gleich bei seiner Jungfernfahrt zum Sieg gesteuert hatte, sahen die Teams mit anderen Motoren nur noch die Auspuffrohre des DFV: Allein 1968 holte der Ausnahmemotor 261 von 275 möglichen Weltmeisterschaftspunkten, 1969 waren es 197 von 211 und 1970 gelang trotz des tragischen Unfalls von Jochen Rindt der Weltmeisterschafts- Hattrick. In vier Formel-1 -Jahren gingen 34 von 45 Weltmeisterschaftsläufen an Teams mit Ford-Cosworth-DFV-Motoren. 1982, ganze 16 Jahre nach seinem Debüt, errang der V8 seinen 150. Formel-1-Sieg - wiederum in einem Lotus.
Über 16 Jahre fuhr der DFV-Achtzylinder Siege in der Formel 1 ein, oft verbaut in Lotus-Chassis (hier Fittipaldi 1972 in Brands Hatch) Was war das Geheimnis des ewigen Siegers? „Von BRM bis Ferrari setzten damals alle auf möglichst viele Zylinder. Dabei werden die Motoren aber schwer und kompliziert. Colin Chapman wollte für seine zierlichen Lotus einen kleinen und leichten Motor, also haben wir die Fahrwerksaufnahmen gleich ins Motorgehäuse integriert und den Motor als tragendes Teil hinten an die Fahrer-Schale geschraubt. Das eigentliche Geheimnis ist jedoch die Abkehr vom halbkugelförmigen Brennraum, der bei großen Bohrungen und hohen Verdichtungen nur noch mit stark gewölbten Kolben möglich ist. Damit geht aber ihr eigentlicher Vorteil verloren. Ich habe bei meinen Vierventilern die Stömungsverhältnisse um 90 Grad gedreht. Statt eines nach unten verlaufenden Strudels, wie ihn die meisten Konstrukteure erzeugen wollten, war meine Idealvorstellung eine horizontal rotierende Gaswalze. Beim V8 mit klassischer Kurbelwelle konnte ich meine Auspuff-Entwicklungen für Vierzylindermotoren weitgehend übernehmen und hatte so schon eine Sorge weniger. Es ist eben manchmal doch ganz positiv, wenn man völlig unvoreingenommen an eine Aufgabe herangehen kann. Hätte ich Mitte der Sechziger bei Ferrari gearbeitet, wäre wahrscheinlich auch nur ein weiterer V-12-Motor herausgekommen!“
Vom Renncapri-V6 (Foto) bis zum Mercedes 190 E 2.3-16 garantierten die typischen Cosworth-Zylinderköpfe Leistung und Standfestigkeit Zahlreiche Entwicklungsaufträge teils renommiertester Hersteller folgten, bis Cosworth 1980 verkauft wurde. Duckworth blieb noch bis 1989 in der Firma und verabschiedete sich dann in den Ruhestand. Er starb am 19. Dezember 2005 72-jährig und wäre dieser Tage 90 Jahre alt geworden.
Ford Sierra Cosworth mit über 500 PS: Keith Duckworth mochte keine Turbos, schnell waren seine aufgeladenen Motoren dennoch