Der Gestalter des Offenen Prinzips gestorben
- 06. Januar 2022
- Red. OLDTIMER MARKT
2017 besuchten wir Karl Clauss Dietel zuhause in Chemnitz, wo er seit Anfang der Sechziger als freischaffender Gestalter arbeitete
Zu seinen bekanntesten Arbeiten zählen Simson S50 und Wartburg 353: Karl Clauss Dietel beachtete bei seiner Formgestaltung besonders den Alltag der Menschen. Obwohl er mit seiner Persönlichkeit bei der DDR-Staatsführung aneckte, schrieb er damit Geschichte. Am 2. Januar starb der Designer überraschend
Als Designer bezeichnete sich Karl Clauss Dietel selbst nie, sondern sah sich mit seinem langjährigen Partner Lutz Rudolph als Gestalter für die Menschen. Von seiner Schreibmaschine Erika oder der Zusammenarbeit mit Heliradio profitierte praktisch jeder DDR-Bürger. Viele seiner fortschrittlichen Fahrzeugentwürfe hingegen scheiterten am Spießbürgertum der Staatsführung, wie er einmal sagte.
Das kleine Bild zeigt Dietel bei der Arbeit an der Tankform für die Simson S51
Dabei prägte der Fahrzeugbau sein Leben. Geboren 1934 als Sohn eines Autovermieters, lernte Dietel zunächst Maschinenschlosser. Danach studierte er an der Ingenieurschule für Kraftfahrzeugbau in Zwickau und an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee. Als Diplomarbeit entwarf er 1961 ein Auto mit aerodynamischem Vollheck. Daraufhin arbeitete er in Eisenach am Wartburg 353, für die Lastwagenwerke in Ludwigsfelde und Zittau sowie an Nachfolgern des Trabant, die jedoch abgelehnt wurden. Dagegen entwickelte sich in Suhl die Simson S50 zum Dauerläufer bis heute. Sie verkörpert, was er als "Offenes Prinzip" postulierte: Bauteile sollen so verbunden sein, dass sie bei Verschleiß oder technischer Innovation austauschbar sind – ein Plädoyer für Langlebigkeit.
Seit 1965 Mitglied im Verband Bildender Künstler der DDR, wurde er 1974 dessen Vizepräsident. Aus politischem Protest 1981 zurückgetreten, war er im Umbruch 1988-1990 schließlich Präsident. Auch danach blieb Karl Clauss Dietel viel beschäftigt und erhielt 2014 den Designpreis der Bundesrepublik Deutschland.
Der 87-Jährige starb am 2. Januar zuhause in Chemnitz.