Meilensteine

60 Jahre Corvette Sting Ray: "Projekt Opel" zum Zweiten

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Project Opel zum Zweiten

Seit dem Sommer 1962 trug die Corvette erstmals den Nachnamen Sting Ray. Aber nicht nur das: Ihr durch und durch aggressives Design war Anfang der Sechziger beispiellos und die Motorleistung mittlerweile in Sphären aufgestiegen, in der viele Durchschnittskonsumenten mit dem Gegenlenken nicht mehr nachkamen. Die C2 kann doch nie im Leben bereits 60 Jahre alt sein...

"Lasst sie aussehen, als könnten sie einem was antun", soll GM-Chefdesigner Bill Mitchell seinen untergebenen Stylisten gesagt haben, und Larry Shinoda verstand seinen Chef offenbar am besten, als es um die zweite Generation der Corvette ging. Zwar hieß der Prototyp der Corvette C2 noch Mako Shark, doch zur Präsentation im Sommer 1962 wurde aus dem Hai ein Stachelrochen und der offizielle Handelsname lautete Chevrolet Corvette Sting Ray.

Die Sting Ray löste die seit 1953 produzierte erste Corvette ab, die noch deutlich freundlicher gestaltet war (und übrigens unter dem Projektnamen "Opel" entwickelt wurde). Und nachdem Chefingenieur Zora Arkus-Duntov bereits die C1 vom Boulevardsportler zum Straßenrennwagen weiterentwickelt hatte, folgte mit der C2 vor 60 Jahren die zur Leistungsschlacht passende, martialische Optik. Über 400 SAE-PS waren in der C2 möglich, wer die primär für Motorsportler gedachte L88-Option orderte, bekam sogar mehr als 500 SAE-PS in Plastikverpackung geliefert. Zur Stylinglegende wurde die 1963er Split-Window-Corvette nicht zuletzt deshalb, weil der die Sicht beschränkende Mittelsteg der Heckscheibe bereits zum 1964er Modelljahr wieder entfallen war.

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Beschleunigungen auf 100 in unter fünf Sekunden waren in Europa Mitte der Sechziger nur den allerwenigsten Supersportwagen und auch in der Corvette nur bei den leistungsstärksten Varianten möglich, jedoch war der in Massen hergestellte Sportwagen ein Angebot an alle hart arbeitenden Amerikaner. Trotz Einzelradaufhängung rundum sowie Bremsscheiben an allen vier Rädern ab 1965, war die Corvette nicht nur in der Anschaffung, sondern auch im Unterhalt erschwinglich, was sie stets von ähnlich starken Konkurrenten, insbesondere aus Italien, unterschied.

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Die dritte Corvette-Generation wurde 1967 als Modell für 1968 vorgestellt. Der Name Sting Ray war wieder in der Versenkung verschwunden, doch die Marketingentscheidung kam beim Kunden weniger gut an, sodass das 1969er Modell den Namen in der Schreibweise 'Stingray' wieder aufgriff. General Motors war vom Mantarochen derart besessen, dass er als Namensgeber für Opels neues Coupé für 1970 diente und seine Silhouette sogar in Form eines verchromten Emblems auf der A-Säule landete. Auf Kundenwunsch spielte die Stingray weiterhin in Leistungsregionen jenseits der 400 SAE-PS, auch die L88-Option war weiterhin unterm Ladentisch erhältlich. Was auch nicht verwunderlich ist: Der Unterbau der C3 wurde ohne große Veränderungen von der C2 übernommen. Zum Modelljahr 1970 zeichnete sich allerdings ab, dass der unlimitierten Leistungsgesellschaft ihr Ende bevorstand. Der großartige Siebenliter-Big-Block-V8 wurde zwar durch noch mehr – nämlich 7,4 Liter – Hubraum, ersetzt, aber die Leistung lag plötzlich "nur" noch bei 390 SAE-PS.

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Die Versicherungswirtschaft rebellierte gegen übermotorisierte Massenfahrzeuge fürs Volk und kam mit der Schadensregulierung kaum noch hinterher, ferner fing die im Dezember 1970 gegründete U.S. Environmental Protection Agency an, sich um die Luftqualität zu sorgen, kaum hatte sie die Arbeit aufgenommen. Die EPA sagte hochverdichteten Motoren den Kampf an, woraufhin alle Hersteller in den folgenden Jahren sukzessive Druck aus dem Kessel nahmen. Der Tiefpunkt der Stingray war damit 1975 erreicht. Der Big Block war nicht mehr lieferbar, der Small Block unter der aggressiven GFK-Haube sonderte nur noch 165 Netto-PS an die einzeln aufgehängten Hinterräder ab.

1976 stand der Name Stingray ein letztes Mal im Prospekt, im Folgejahr war er sang- und klanglos verschwunden. Und 1983 verschwand sogar die Corvette für kurze Zeit ganz aus den Katalogen. Die Entwicklung der C4 verspätete sich, sodass ein Modelljahr ersatzlos ausfiel. Ohne dass es von irgendjemandem erwartet wurde, war die Stingray allerdings 2013 wieder zurück, die C7 trug den Beinamen aus der Muscle-Car-Ära der Corvette plötzlich wieder. Bei der revolutionären C8 mit Mittelmotor war er allerdings wieder kommentarlos verschwunden. Die Corvette ist eine der wenigen Konstanten in der wechselhaften US-Automobilgeschichte. Dass sie irgendwann gänzlich geräuschlos verschwindet, darf zum Glück ausgeschlossen werden. Wir müssen uns allerdings daran gewöhnen, dass das zeitlos schnörkellose und aggressiv schlichte Design Larry Shinodas mittlerweile tatsächlich 60 Jahre alt ist. Ein Alter, bei dem vor dem inneren Auge irgendwie Vorkriegsautos auftauchen. Wir alle werden älter und rostiger. Gut, dass es Autolegenden aus GFK gibt – und dass die aktuelle Corvette mit einem Basispreis von 64.500 Dollar weiterhin sensationell preiswert bleibt.

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