50 Jahre Audi 80 - Der erste Millionenseller aus Ingolstadt
- 19. Juli 2022
- Red. OLDTIMER MARKT
Fortschrittliche Technik, klare Optik, moderate Preise: Der Audi 80 avancierte schnell zum Bestseller in der Mittelklasse
Die Zeit für ein neues Mittelklassemodell war reif. Auf den Audi 60 und 75 lag bereits der Staub der sechziger Jahre, und das Topmodell, der elegante Audi 100, spielte in einer höheren Liga. 1965 hatte Mercedes das DKW-Werk an Volkswagen mitsamt Inventar und einer zentralen Figur im Automobilbau verkauft: Ex-Mercedes-Mann Dr. Ludwig Kraus war es, der den Bestseller Audi 100 entwickelte - ein Quantensprung, der das Tngolstädter Werk weit nach vorne brachte. Gleichzeitig dümpelten die Wolfsburger angeschlagen vor sich hin. Käfer und VW 1600 verkauften sich nur schleppend, die spärliche Modellpalette bot den mittlerweile verwöhnten deutschen Autofahrern nur wenig Auswahl.
Da kam der Audi 80 gerade recht. Mit ihm landeten die Ingenieure im frei nach Kraus' Vornamen benannten Entwicklungszentrum Ludwigsburg auf Anhieb einen Volltreffer. Optisch zeigte sich der Audi 80 eher zurückhaltend schlicht, ein Design, das heute gern als zeitlos bezeichnet wird. Und fast wäre der Audi 80 als Volkswagen vom Band gerollt. Rudolf Leiding war als wachsames Auge der Wolfsburger Konzernmutter in Ingolstadt ständig präsent. Er entschied letztlich, daß die Stufenheckversion als Audi antreten sollte und akzeptierte die seschickt lancierte Idee von Audi-Entwicklungschef Kraus, ein bis zur hinteren Dachkante identisches Auto mit Schrägheck als VW Passat zu bauen.
Der GT und sein Nachfolger GTE sind besonders begehrt
Technisch hatte es die Limousine in sich. Der Motor war komplett neu konstruiert worden. Selbst die heute verwendeten Aggregate basieren noch auf dem wegweisenden Konzept dieser Maschine mit ihrer zahnriemengetriebenen obenliegenden Nockenwelle und den parallel hängenden Ventilen, die über Tassenstößel betätigt werden. Mit dem Audi als Auto des Jahres 1972 wurde ein legendärer Fachbegriff eingeführt: der negative Lenkrollradius. Obwohl nicht von Audi erfunden und bereits in frontgetriebenen Modellen aus dem Hause Oldsmobile und Cadillac eingesetzt, erfuhren Deutschlands Autofahrer erst durch den Audi, was sie bisher verpasst hatten: über eine spezielle Konstruktion der Vorderachse beeinflussten die Techniker das Eigenlenkverhalten der Vorderräder so, dass das stärker gebremste Rad nicht nach außen, sondern zur Fahrzeugmitte drängt. Folge: Die Seitenführungskräfte heben sich beinahe auf, so dass das Automobil in jedem Fall spurtreu bleibt.
Das Facelifting des Audi 80 ab Herbst 1976 wirkte sich hauptsächlich äußerlich aus. Das Armaturenbrett blieb funktional, aber bieder
Die Automobilpresse war damals voll des Lobes, der Ingolstädter Slogan "Die neue Leistungsklasse" wurde vielfach bestätigt. Die Modellpalette war sowohl hinsichtlich Ausstattung als auch Motorleistung breit angelegt, allerdings langte Audi damals bei der Ausstattung - wie auch die Konkurrenz - kräftig hin. Im September 1973 ging der Audi 80 CT an den Start, eine sportliche 100-PS-Version, die mit knapp 900 Kilogramm Gewicht bis zu 173 km/h schnell war. Ein Jahr später folgte die erste, wenn auch kaum sichtbare Neuerung: Die Bodengruppe änderte sich, der Getriebetunnel wurde größer, ein kurzer Schalthebel löste den langen Rührstock ab. Ab 1975 statteten die Ingolstädter den Audi 80 mit den 1600er Baukastenmotoren aus. Während die 75- und 85-PS-Maschinen mit mehr Hubraum daherkamen, blieb im 1300er mit 55 PS alles beim alten. Feuervogel im Audi-Angebot und heute in der Szene ein gesuchtes Modell: der 110 PS starke GTE.
Die kleinen Heckleuchten mussten erst 1976 den größeren Versionen der zweiten Serie weichen
Noch vor dem legendären Golf GTI erhielt der Audi 80 das kraftvolle Einspritzpaket mit der Bosch K-Jetronic und löste den Audi 80 GT ab. "Beeindruckende Fahrergebnisse", bescheinigte damals das Magazin Gute Fahrt. "Der Einspritzmotor nimmt bereits ab 1800 U/min Vollgas an und dreht stürmisch bis auf über 6500 U/min", attestierte mot. Der schnelle Biedermann blieb bis zum Ende der Produktion das Topmodell. Ein Jahr nach dem GTE-Auftritt änderten die Ingolstädter Designer 1976 das äußere Erscheinungsbild.
Der Audi 80 rückte optisch näher an seinen großen Bruder, den 100er, und weiter weg vom VW Passat. Die runden Scheinwerfer wichen eckigen, die Blinker wanderten von der Stoßstange neben die Lampen, und die Heckleuchten wurden deutlich größer. Zwei Jahre lief der Erfolgswagen Audi 80 noch vom Band, insgesamt brachte er es auf 1.103.766 Exemplare. Und heute? Je nach Modell und Motorisierung etwa 6.000 bis 12.000 Euro zeigt der Classic-Data-Marktpreisspiegel für ein gut erhaltenes Exemplar im Zustand 2 an. Allerdings raffte der Rost viele dahin, insbesondere der auch im Motorsport geschundene GTE war schon Ende der achtziger Jahre zur Rarität gereift.
Die zweite Serie der "neuen Leistungsklasse" erlebte im wesentlichen Retuschen an Front und Heck. Rechteckige Scheinwerfer sorgen nun für die Ausleuchtung der Straße - und für Abstand zum Passat