Vor 60 Jahren kamen dem 300 SL die Flügeltüren abhanden
- 20. April 2017
- Red. OLDTIMER MARKT
Der Mercedes-Benz 300 SL war der erste deutsche Supersportwagen der Nachkriegszeit. Doch das Traumauto einer ganzen Generation hatte einen Haken: Für den wichtigsten Absatzmarkt, die USA, war der Wagen schlicht zu sportlich und zu wenig alltagstauglich. Die amerikanische Kundschaft forderte daher schon früh eine offene, weniger beinharte Version des Flügeltürers – und die bekam sie dann auch. Der 1957 auf dem Genfer Automobilsalon vorgestellte Roadster war allerdings nicht eine zusätzliche Karosserievariante, sondern die Ablösung des seit 1954 gebauten Coupés.
Aufwendige Änderungen
Die Weiterentwicklung des Coupés zum Roadster war mit einigen technischen Änderungen verbunden. Insbesondere mussten die Ingenieure den Gitterrohrrahmen verändern. Dieser hatte auf Grund seiner hohen Bauart an den Flanken einst die charakteristischen Flügeltüren des Coupés erfordert. Der Rahmen wurde an beiden Seiten der Karosserie aufwändig neu konstruiert, um bei unveränderter Verwindungssteifigkeit klassische Türen zu ermöglichen. Im Heck bekam das Rohrgeflecht ebenfalls Modifikationen: Einerseits entstand Platz zum Einbau der Eingelenk-Pendelachse mit Ausgleichsfeder, außerdem wurde so Raum für den von außen zugänglichen Kofferraum geschaffen. Optisch markant war vor allem der Wechsel von Rund- auf Hochformat-Scheinwerfer, die bereits einen Ausblick auf die Frontgestaltung der zwei Jahre später folgenden "Heckflosse" gaben.
Weniger Aufwand, bessere Straßenlage
120 Kilogramm legte der Roadster gegenüber dem Coupé durch die Veränderungen zu – ganz so Super Leicht wie sein Vorgänger war er daher nicht mehr. Der Wechsel von einer Zwei-auf eine Eingelenkhinterachse machte sich dagegen positiv bemerkbar. Mercedes-Ingenieur Erich Waxenberger attestierte dem 300 SL Roadster eine bessere Straßenlage gegenüber dem Flügeltürer. Den Motor übernahmen die Ingenieure dagegen zunächst unverändert vom Coupé. Der Dreiliter-Sechszylinder M 198 mit Benzineinspritzung und einer Leistung von 215 PS wies anfangs noch einen Graugussblock auf. Im letzten Produktionsjahr kam jedoch ein 44 Kilogramm leichterer Aluminium-Zylinderblock zum Einsatz.
Am 8. Februar 1963 war nach 1858 gebauten Exemplaren Schluss mit der Produktion des 300 SL Roadster. Sein Erbe trat die deutlich komfortorientierte und schwächere Baureihe W113 (Pagode) an, die gleichzeitig auch den kleineren 190 SL ablöste.