Tanken wie 1955
Mit einem Freilichtmuseum verbinden wohl viele eine pitoreske Zurschaustellung von Fachwerkhäusern oder ähnlich alten Gebäuden. Im Freilichtmuseum am Kiekeberg entsteht derweil jedoch eine viel modernere Schau: In der "königsberger Straße" sollen die fünfziger Jahre wiederauferstehen. Neben der für die Nachkriegszeit typischen Wohnbebauung soll auch eine zeitgenössische Ladenzeile mit mehreren Geschäften entstehen. Den Startschuss für das Projekt "Königsberger Straße" liefert aber eine alte Gasolin-Tankstelle. Sie wurde von den Verantwortlichen bereits im letzten Jahr aufwendig von Stade an den Kiekeberg transloziert und wieder aufgebaut. Derzeit fehlt noch der letzte Schliff in Form von Farbe, Dekoration und umliegender Bepflanzung, doch ab 15. September um 14 Uhr soll die historische Zapfstelle Besuchern in neuem Glanz offen stehen.
Alexander Eggert, der das Projekt „Königsberger Straße“ zusammen mit Museumsarchitektin Theda Pahl leitet, erklärt die Besonderheit der Tankstelle: „Die war in den fünfziger Jahren ein Kristallisationspunkt im Dorf. Mit ihr zog die Moderne überall in der Provinz ein. Nicht zuletzt: Sie sind ein Symbol dafür, dass die Technik Einzug erhält in den Orten.“ Ausgestattet wird die Tankstelle selbstverständlich mit passendem Zubehör: Ein großer Teil der Sammlung von Frank Schumann kommt dabei zum Tragen. Dazu gehören Tankwart-Anzüge, Zapfsäulen, Quittungsblock, Kannen und selbstverständlich das berühmte Werbeschild mit dem Slogan „Nimm dir Zeit und nicht das Leben.“
Mit dem Großprojekt „Königsberger Straße“ errichtet das Freilichtmuseum am Kiekeberg in den kommenden Jahren eine Baugruppe mit Gebäuden, die typisch für das Leben in der Nachkriegszeit sind und bis heute das Erscheinungsbild von Dörfern in ganz Deutschland prägen. „Die Umbrüche in dieser spannenden Zeit betreffen jeden Dorfbewohner“, sagt Museumsdirektor Stefan Zimmermann. „Wir stellen dar, wie Einheimische, aber auch Neubürger die Aufbauzeit erlebten.“