Erst verkaufen, dann testen
- 09. Juli 2019
- Red. OLDTIMER MARKT
Crashtest mit Mercedes W110 vermutlich im Jahr 1960
Über Béla Barényi muss man eigentlich keine großen Worte mehr verlieren. 2500 Patente gehen auf den 1907 geborenen Ingenieur zurück. Die meisten davon in Diensten seines Arbeitgebers Daimler-Benz und zum Thema Sicherheit. Millionen Menschen verdanken Barényi durch dessen Erfindungen ihr Leben oder zumindest abgemilderte Unfallfolgen. Eine seiner zweifellos wichtigsten Ideen war das Konzept der stabilen Sicherheitsfahrgastzelle und davor und dahinterliegender Knautschzone. Die Knautschzone sollte durch definierte Verformungsbereiche im Falle eines Unfalls möglichst viel Energie aufnehmen und sich so für den stabileren Fahrgastbereich opfern.
Béla Barényi (Mitte) diskutiert Ende der sechziger Jahre mit Mitarbeitern die Ergebnisse eines Crashversuchs
Bereits Mitte der dreißiger Jahre erdachte Barényi das Konzept, doch erst 1952 folgt die Patenterteilung. Und erst am 10. September 1959 fand der erste Test statt. Ein per Segelflugzeugschleppseilwinde auf 55 km/h beschleunigter Mercedes 220 (Baureihe W 111) schlug in eine aus Holzbohlen und alten Pressen bestehende Barriere ein. An Bord waren eine Puppe auf dem Fahrerplatz und drei 75 Kilogramm schwere Sandsäcke. Im Moment des Aufpralls faltete sich die vordere Knautschzone planmäßig stark zusammen, während die Fahrgastzelle wie erhofft stabil blieb.
1996: Béla Barényi ein Jahr vor seinem Tod
Bei dem Test stand viel auf dem Spiel. Denn Markenkennern fällt an dieser Stelle vielleicht eine interessante Kleinigkeit auf: Die Baureihe W 111 war zu diesem Zeitpunkt nämlich schon seit über einem Monat in Produktion! Weder Mercedes noch Barényi wussten also beim Serienstart, ob die Konstruktion hielt, was sie in der Theorie versprach. Heute gehört das Konzept der Sicherheitszelle mit Knautschzonen schon seit Jahrzehnten längst zum Automobilbau. Barényis Idee hatte sich als goldrichtig erwiesen. Und anschließend testete er seine Konstruktionen, bevor sie in Serie gingen…