Diesel-Wettrüsten ’83: BMW auf der Überholspur!
- 09. Juni 2023
- Red. OLDTIMER PRAXIS
Die ersten echten M-Modelle stehen in den Startlöchern, in der Formel 1 tobt sich der spektakuläre Brabham-BMW mit feuerspeiendem Vierzylinder aus – und mittenrein in die PS-Euphorie platzieren die Münchner ihren ersten eigenen Selbstzünder! Wobei der 524 td vom Start weg mit Dampf, Dynamik und zurückhaltendem Diesel-Durst überzeugt…
Erfolgsstorys werden im Frühsommer 1983 rings um den Münchner Vierzylinder, die bekannte BMW-Zentrale, quasi wie am Fließband geschrieben: Der noch fast taufrische 3er (E30) fährt vom Start weg auf der Überholspur, der 5er (E28) übertrifft ebenfalls seine Absatzziele, und speziell fürs überarbeitete 6er-Coupé (E24) ist mit dem bereits legendären M1-Triebwerk noch ein besonderes leckeres Bonbon in Vorbereitung… Nicht zu vergessen, dass BMW mit dem unfassbaren Turbo-Vierzylinder auch in der Formel 1 munter mitmischt, wo Pilot Nelson Piquet im Brabham als feuerspeiender Titelkandidat für Furore sorgt!
Dynamik auf allen Ebenen sozusagen. Tatsächlich gibt’s da aber noch eine Lücke, die die Münchner nicht länger der Konkurrenz überlassen wollen. Denn im Diesel-Segment sind die Zuwächse infolge der Energiekrise seit Ende der 1970er derart enorm, dass auch BMW dies nicht ignorieren kann – und bereits die Weichen für die Entwicklung eines eigenen Selbstzünders samt Turbolader gestellt hat. Ein entscheidender Schritt dazu ist der Aufbau eines Diesel-Kompetenzzentrums im österreichischen Steyr, das ab Mitte 1982 zugleich als neues Motorenwerk fungiert.
Das Wort „Diesel“ in einem Atemzug mit den Münchnern zu nennen, davon ist die typische BMW-Klientel auch ein Jahr später noch weit entfernt. Doch die Präsentation des brandneuen BMW 524 td erweist sich nicht nur als wegweisender Meilenstein, sondern auch als wahrer Coup. Denn ganz im Sinne der dynamischen Marken-DNA gesellt sich dieser 5er nicht einfach zur vorhandenen Konkurrenz von Mercedes, Citroën & Co. dazu: Dank seines kultivierten wie sparsamen Turbodiesel-Sechszylinders setzt sich der Bajuware gleich vom Start weg an die Spitze der Diesel-Bewegung – und markiert noch dazu mit Tempo 180 einen Serien-Bestwert!
In seinen Grundzügen baut der 2,4 Liter große Selbstzünder mit Wirbelkammer-Einspritzung auf dem Grauguss-Block des bewährten M20-Benziners auf; das Kürzel M21 ist insofern naheliegend. Der aus Alu gefertigte ohc-Kopf hingegen mit den hängenden, parallel angeordneten Ventilen ist komplett neu; der Zahnriementrieb, der hier auch die Steuerung der Bosch-Verteiler-Einspritzpumpe übernimmt, wiederum vom M20 bekannt. 115 PS und 210 Nm Drehmoment liefert der von Beginn an mit Ladeluftkühlung garnierte Reihen-Sechszylinder, dessen Garrett-Turbo maximal 0,8 bar Ladedruck schon bei 2200 Touren produziert.
Ähnlich gut im Futter steht zwar auch die Stuttgarter Konkurrenz, deren drei Liter großer Fünfzylinder-Turbodiesel mit bis zu 250 Nm und rund 120 PS daherkommt. Doch der bereits seit Ende 1977 speziell für Auslandsmärkte gebaute, gusseiserne OM 617A ist nicht nur ein veritables Schwergewicht von altem Schrot und Korn: In der S-Klasse ebenso wie in der 123er-Baureihe muss er dazu auch noch ordentlich Masse anschieben, um richtig in Schwung zu kommen. 1500 Kilo stehen hier in jedem Fall auf der Waage… Nur knapp 1300 Kilo dagegen sind es beim BMW, wobei dessen Sechszylinder mit rund 200 Kilo zu Buche schlägt.
Unterbieten kann der Bajuware damit auch jenen nonchalanten Diesel-Franzosen, dessen Vierzylinder just im selben Sommer erstmals mit (übrigens dem gleichen Garrett-T03-) Turbolader ausgerüstet wird. Der Citroën CX RD Turbo ist mit 1400 Kilo zwar durchaus schlank, zeigt aber mit 95 PS und ohne Ladeluftkühlung (noch) nicht sein volles Potential, so dass es in der Spitze nur zu Tempo 175 reicht…